Überführungs-Törn von Wismar nach Cuxhaven 2016

Bericht: Horst Runge

SY „SVEA“ – eine Elvström 32

Schiffs-Daten:
Länge über alles 9,60 m – Länge Wasserlinie 7,20 m – Breite über alles 3,05 m
Gewicht 4,00 t – Ballast (Blei) 1,80 t – Tiefgang 1,60 m – Motor 19,0 HP
Segel: Großsegel 17,0 qm – Roll-Genua 30,0 qm – Gennaker 68,0 qm

Ursprünglich war der Törn von Wismar über Heilgenhafen, Kiel-Holtenau, Cuxhaven, eventuell Helgoland, weiter nach Scharendijke in Holland, südlich von Rotterdam geplant.
Wetterbedingt sind wir nur bis Cuxhaven gekommen. Außerdem hat der Eigner Andreas Biermann unterwegs eine Information bekommen, dass er einen sehr wichtigen beruflichen Termin einhalten muss.

Am Tag des Ablegens natürlich eine gewisse Nervosität, wie verhält sich das Schiff. Keiner ist vorher damit wirklich gefahren. Wind war reichlich 4 – 5 bft. Der Motor sprang dank der teuren Wartung durch Volvo-Penta schnell an und brauchte einge Zeit um warm zu laufen. Wir mussten bei Wind aus NE gegenan. Im Fahrwasser kam uns ein KüMo querab entgegen. Der Schwell hat dann die schon wenige Fahrt vollständig genommen, so dass wir ohne wirkliche Fahrt über Grund waren. Drei Tonnen im Fahrwasser waren es aber noch. Und das zunehmend auf offenes Wasser mit noch mehr Wind bei 6 bft. Der Motor ist zu schwach um das zu schaffen. Also ein Hafen musste angesteuert werden. Gegen den Wind im engen Fahrwasser kreuzen war nicht zu vertreten. Also sind wir nach kurzer Diskussion in „Hohen Wieschendorf“ eingelaufen, eine moderne Marina.

Marina“Hohen Wieschendorf“ in der Bucht von Wismar

Zweieinhalb Tage Abwettern.
Irgendwann ist man auch vom Ausschlafen ausgeschlafen. Wir haben regelmäßig DP 07 abgehört um über die Wetterlage informiert zu sein. Vorbereitete und mitgebrachte Speisen haben sich als Glücksfall erwiesen.

Habe Kursplanung für morgen für mich als Orientierung erstellt.
Way-Point – Navigation wie in alten Zeiten nur auf Karten. Plotter geht nicht, weil die Seekarte über ebay ersteigert, sich als defekt und unbrauchbar erwiesen hat.

Navigation mit Karte und Dreieck – ohne Plotter

Navigation wie damals nur auf Karten, ohne Plotter. Endlich besseres Wetter. Bei 3 bft sollte alles optimal sein, Pustekuchen es waren nur 2 bft, wenn überhaupt. Weite Strecken mussten unter Motor gefahren werden.

Blauer Himmel aber diesig.

Wir steuern nach Kompass so exakt, dass wir an den jeweiligen Etappen-Tonnen den Kurs ändern müssen, um die Tonnen nicht mittig zu rammen. Chapeau !

Tonne im Dunst und platter See

Erst in der Nähe vom Fehmarn-Sund kam als Unterstützung etwas Wind hinzu. Eben auch hier eine Düsenwirkung zwischen Festland und Insel. Die beschauliche Fahrt hat auch eine gute Seite, wir konnten das Boot einschätzen lernen.

Nächster Tag, totale Windstille. Diesig. Sonnenschein.
Mindestens 10 sm Umweg an den gelben Tonnen entlang wegen Schießübungen der Marine im Gebiet „PUTLOS“. Laufend Securité Meldungen der Marine, angekündigt über Kanal 16, dass zehn Minuten später eine ausführliche Durchsage auf Kanal 10 erfolgt. Ständig hören wir, wie Sicherungsboote an den Außenseiten, die mit gelben Tonnen gekennzeichnet sind, aufgefordert werden, Verirrte aus dem Sperrgebiet zu leiten. Meistens werden die Boote direkt, manchmal schon mit Namen und immer mit genauen Positionsangeben auf Kanal 16 angefunkt und aufgefordert, das Gebiet zu verlassen. Zusätzlich werden die Sicherungsschiffe dorthin beordert. Reger Funkverkehr. Wir hören gelegentlich die Kanonen donnern. Sehen können wir wegen dem diesigen Wetter nichts.

Um 16:20 Uhr dann ein „Mayday“ Funkspruch.
Bremen Rescue meldet sich.
Der Anrufer wird aufgefordert Namen und Position erneut durchzugeben. Es wird Namen und Position mehrmals abgestimmt. Der Funker hat es in der Aufregung vergessen, seinen Schiffsnamen zu buchstabieren. Da es ein komplizierter Name ist, muss natürlich mehrmals abgestimmt werden. Auch die Positionsangaben werden mehrmals abgestimmt. Kollision von 2 Segel-Yachten. Eine hatte erheblichen Wassereinbruch.

Hier der Link der DGzRS zu aktuellen Seenotfällen.

Die Einzelheiten zu dem Seenotfall habe ich mitgehört und in einem seperaten Bericht festgehalten. Es ist schon sehr interessant, wie soetwas in der Praxis abläuft.

Laboe mit Marine-Ehrenmal, Marina (ganz rechts) und auslaufendem Frachter

Das Marine-Ehrenmal zu besichtigen, lohnt sich, auch das U-Boot dort direkt am Strand kann besichtigt werden.
Kurz vor 19:00 Uhr sind wir an der Schleuse Holtenau angekommen, durften aber nicht mehr rein, weil wir im Hellen es nicht mehr bis Rendsburg geschafft hätten.
Lange Wartezeit vor der Schleuse weil derzeit nur eine Schleuse zur Verfügung steht.

Diesiges Wetter mit stellenweisem Nieselregen. Motor läuft sauber und kontinuierlich. Der Skipper hat seine Anspannung wegen dem Motor verloren. So ein altes gebrauchtes Schiff, ein Auto hätte ein H – Kennzeichen, hat so seine Tücken und Überraschungen. Heute wurden plötzlich die Batterien nicht mehr geladen obwohl wir die ganze Zeit unter Motor gelaufen sind. Es wurde gesucht, gemessen und analysiert. Nach unendlichen Mess-Aktionen, das Solarpanel mit dem Regler verträgt sich nicht mit der Batterie. Solar abgeklemmt, siehe da die Batterie wird wieder geladen und erreicht endlich die maximale Ladefähigkeit.

Kurz bevor wir abgelegt haben, ist ein riesiges Containerschiff aus der Schleuse ausgelaufen. Direkt neben uns.

Containerschiff beim Auslaufen aus der Schleuse Brunsbüttel in den NOK

Es ist immer wieder erstaunlich welch´ großen Schiffe den Kanal durchfahren können. Auch, dass die riesig hohen Aufbauten mit den Antennen und Nautischen Geräten unter den Brücken durchpassen.

Wir sind am Morgen rechtzeitig ausgelaufen, um uns in die Warteschleife vor der Schleuse in Brunsbüttel einzureihen.
In den Schleusen liegen ein Container-Frachter und ein Kreuzfahrtschiff.
Auslaufen aus dem Schleusenbereich und Einfahrt in die Elbe

Der Wind stand günstig und schon bald nach dem Auslaufen aus der Schleuse konnten wir endlich die Segel setzen.
Es galt auch nun endlich die Segeleigenschaften vom Schiff kennen zu lernen. Gute Eigenschaften, direktes Ruderverhalten und mit seinem Rumpf und seiner Größe auch angenehm schnell. Bald mußten wir die Fahrrinne der Elbe queren. Der Strom setzte mit über 4 kn als ablaufende Gezeit. Zwischenzeitlich 4,3 kn durchs Wasser und 4,2 kn Strömung, so dass wir immer wieder 8,5 bis 8,7 kn über Grund gelaufen sind.
An den Ufern konnte man an einigen Stellen sehen, wie stark das Hochwasser ablief, da entstanden wie im Engl. Kanal richtige Verwirbelungen und Strudel.

In Cuxhaven haben wir dann gleich einen der vielen Stegplätze belegt. Wie sich wenig später herausstellte, waren da so viele Plätze in der Nähe der Einfahrt frei, weil der Schwell von der Berufsschifffahrt in die Einfahrt schwappte. Sie traf uns so, dass bei manchen großen Schiffen unser Boot wie wild tanzte.

Marina Segel-Verein Cuxhaven

Natürlich kam es zu dem einen und anderem Schnack mit den Nachbarn, zumal an Steuerbord unser Nachbar von Brunsbüttel festgemacht hatte. Junge Leute, die gemeinsam mit dem alten Kutter, aber mit modernster Elektronik ausgestattet, eine Weltumsegelung erleben wollen. Das Besondere an deren Backbordseite, im Bereich Cockpit ist ein Grill an dem Geländer befestigt, direkt daneben eine Angelrutenhalterung und ein Toilettenring als Quadrat aus Edelstahl. Es fehlen aber die Griffe, wie auf mediterranen Toiletten. Wie das bei Krängung und Seegang funktionieren soll bei einer gewissen Diskretion, bleibt mir verschlossen.

Der Weltumsegler aus Schweden

Da sind wir dann wieder bei dem inzwischen lieb gewonnenem Luxus auf modernen Charter-Yachten !
Unser Boot bleibt vorrübergehend in Cuxhaven. Damit das Boot in der Liegezeit bis Ende Juni, wo es dort verbleiben soll, nicht ständig diesem Schwell ausgesetzt ist, wird es noch auf einen inneren Liegeplatz verholt.

Fazit zu unserem Schiff:
Ein Überführungs-Törn mit einem alten Schiff, mit seinen „AU´s“ und „OH´s“ und seinem erst mal Kennenlernen-Faktoren, weil keiner von uns je so ein Boot gesegelt ist, geschweige gesteuert hatte, ist eine besondere Erfahrung. Ältere Schiffe sind eben auch ein Zeugnis aus der Vergangenheit und seinen zeitzurück-versetzten Potentialen und Möglichkeiten. Eben mal ganz anders als auf modernen Charter-Yachten. Arrangieren ist erforderlich. Aber Schiffe mit guten Segeleigenschaften konnte man damals auch schon bauen. Die „SVEA“ ist ein gutes Beispiel.
Erfahrung ist die Summe von Erlebnissen.