Überführungstörn 2014

Fehmarn – NOK – Cuxhaven – Helgoland –
Ijmuiden – Muiden – Hoorn – Stavoren

Nach einem ereignisreichen und auch erfolgreichen Segel-Törn Ende April habe ich meine Eindrücke in diesem Bericht dokumentiert.
Reiner Eberle

12. April 2014 (Sa)

Ankunft in Burgtiefe um die Mittagszeit. Die Stimmung war gut und die Crew genauso heiter, wie das angenehme Wetter auf der Ostsee, aber es war noch sehr kalt. Unsere Bavaria 34 wurde gerade am Vortag aus dem Winterlager geholt, einem sorgfältigen Check unterzogen und fit gemacht für die bevorstehende Saison.
Alles war augenscheinlich sehr gepflegt und ordentlich sauber. Die ausführliche Yachtübernahme offenbarte jedoch noch ein paar Überraschungen. So entleerte sich der 200 l Frischwassertank durch eine offene Schlauchverbindung in der Achterkoje mit einem Springbrunnen in wenigen Stunden zur Hälfte in die Bilge. Nachdem nach der Leckagesuche auch noch die Bilgepumpe ausfiel und die Handlenzpumpe nicht einmal einen Fahrradreifen aufpumpen würde, griffen wir zu Pütz, Eimer und Lappen . . .
Schließlich besorgte der Eigner am Samstagabend noch spontan eine neue Bilgepumpe. Bei größerer Förderleistung und anderen Befestigungspunkten, konnte diese lediglich improvisiert, schwimmend gelagert werden. Zum Glück ist unser Skipper handwerklich/technisch begabt und war als Problemlöser zur Stelle. Zwischenzeitlich waren auch Gepäck und Proviant sorgfältig an Bord verstaut sowie Einweisung und weitere Reisevorbereitungen abgeschlossen.

13. April 2014 (So)

Endlich kann es losgehen ! Oder doch nicht ? Warum lässt sich die Badeplattform, die der Eigner bei der Lecksuche gestern noch selbst herabgelassen hatte nicht mehr schließen ? Eine der beiden elektrischen (Hydraulik-) Zylinder war aus der Halterung herausgerissen, hat sich vollständig eingezogen und sperrte den Schließvorgang. Also musste unser Skipper Heinz wieder ran, überprüfte und klemmte eine der beiden Elektroniksteuerungen ab. Fortan war die Plattform außer Betrieb, was bei den frühlingshaften Temperaturen kein großer Verlust bedeutete, aber immerhin konnten wir achtern dicht machen.
Zwei Stunden verspätet hieß es endlich und erstmalig: “Leinen los – Tschö Burgtiefe !”

Unsere Routenaufzeichnung (IST)

Es war noch immer trocken kalt und wir hatten eine steife Brise, ganztägig mit 24 bis 34 Knoten bzw. W-Wind Stärke 6 – 7 bft – genau gegen an ! Also liefen wir zunächst unter Maschine unter der Fehmarnbrücke durch in Richtung Kiel WNW. Mittags machten wir mit der Fock einen guten Knoten mehr Fahrt und kreuzten auf, aber immerhin konnten wir segeln und lernten die Yacht kennen. Schließlich machten wir nach gut 56sm kurz vor Mitternacht im Schleusenvorhafen in Kiel-Holtenau fest.

Unterwegs auf dem Nord-Ostsee-Kanal

14. April 2014 (Mo)

Die Wetterlage war wenig verändert und nach einem halben Tag unter Maschine und diversen „Abenteuern“ machten wir in Burgstedt im NOK vorzeitig fest und ließen den Tag gemütlich ausklingen.

Der Klassiker – die Hängebrücke über den NOK mit der Hängefähre
Hohes Verkehrsaufnehmen mit zahlreichen Begegnungen an einer Ausweichstelle des NOK. Sportboote verschwinden bei diesem massiven „Stahlaufgebot“

15. April 2014 (Di)

Endlich war auch die Kaltfront durchgezogen und wir genossen die Kanalfahrt mit idyllischem Landschaftspanorama bei strahlender Sonne mit wolkenlosem, blauem Himmel und nur wenig Wind. Es erschien so unwirklich, wenn große Containerschiffe mit riesigen Stahlwänden in nur wenigen Metern Abstand vorbeipflügten, zwischen grünen Wiesen und reizvollen, sehr gepflegten (Ufer-) Bebauungen. Einfach ein schöner Tag. Gegen 17:00 Uhr passierten wir die Schleuse Brunsbüttel und liefen in das Elbefahrwasser ein. Als der Wind plötzlich wieder spürbar auf 5-6 bft. auffrischte, machten wir bei auslaufendem Hochwasser und reichlich Strömung bereits über 8 Knoten Fahrt ü. Gr. und segelten sehr flott bis Cuxhaven für das Abendquartier.

Fischkutter auf der Außenelbe

16. April 2014 (Mi)

Das sonnige Hoch hielt auch an diesem Tag an und bescherte uns erneut „sunny blue skies“ – allerdings fehlte leider der Wind und wir liefen erneut einen halben Tag unter Maschine bis zum frühen Nachmittag nach Helgoland. Bei relativ hohem Wasserstand konnten wir gleich tanken und waren wieder startklar für den großen Schlag. Anschließend wurden wir Zeit- und Augenzeugen für eine gezielte Sprengung einer der vielen Fliegerbomben im Vorhafen von Helgoland. Nach einer etwa einstündigen Vollsperrung konnten wir einlaufen, machten fest und waren bereit für den Landgang. Nachdem die letzten Fähren die Insel von den Touristenscharen „befreit“ hatten, hatten wir auch Zeit für Müßiggang, Inselrundwanderung, Vögel-/Tierbeobachtungen und auch reichlich Platz in einem der schönen Inselrestaurants mit leckerem Fisch.

SY “Malena” im Yachthafen von Helgoland

17. April 2014 (Do)

Eine ungemütliche Nacht mit reichlich Fallengeklapper an den Masten und spürbarem Wellengang bis in den geschützten, nachgelagerten Sportboothafen hinein, lag hinter uns. Die angekündigte, nächste Kaltfront fegte durch und bescherte uns einen starken Westwind mit 6 – 7 bft und Sturmböen bei 3 Meter signifikanter Wellenhöhe – ein no go ! Wir machten das Beste daraus und erkundeten erneut die Insel.

18. / 19. April 2014 (Fr / Sa) – Der große Schlag !

Die Wetterlage änderte sich nur wenig. Allerdings drehte der Wind mit der durchziehenden Kaltfront auf Nord und sollte sich laut Wettervorhersage gegen Nachmittag leicht abschwächen.
Gegen 11:00 Uhr hieß es: Leinen los, heiß‘ auf das Großsegel im zweiten Reff und leichtes Reff in der Fock ! Es war gleichermaßen beeindruckend wie mulmig, wenn man im Tal einer 3-Meterwelle vor Helgoland rechts und links nur noch Wasser sieht, aber unsere Bavaria 34 Cruiser erwies sich als erstaunlich robust und so rauschten wir raumschots auf das deutsche Festland zu, vorbei an der Einmündung des VTG Terschelling und entlang der Küstenverkehrszone in westliche Richtung.
Inzwischen auf Halbwindkurs, liefen wir praktisch ausschließlich auf Backbord-Bug bis zum Zielhafen in Ijmuiden. Die Wellenhöhe betrug „lediglich noch“ 2 Meter und auch die Fische waren inzwischen von mir gefüttert, somit konnte es weitergehen.
Bei beständigem Nordwind mit durchweg 22 bis 28 Knoten bzw. 6-7 bft. machten wir ordentlich Fahrt, zeitweise sogar deutlich über 8 Knoten über Grund und näherten uns somit allmählich der Rumpfgeschwindigkeit unserer Yacht. Allerdings schoben wir mit reichlich Tuch ordentlich Lage und die Yacht war auch recht luvgierig, der heulende Wind und die Wellen waren unerbittlich. So ging unser Ritt den ganzen Tag und die ganze Nacht durch und immer wieder spritzte die Gischt über das Deck. Der Sternenhimmel in kristallklarer Nacht war atemberaubend schön, aber kalt – eiskalt ! Selbst mit Skiunterwäsche, Jogginganzug und 3 Pullovern unter gutem Segelzeug drang die Kälte durch und irgendwann nach meiner Ruderwache von Mitternacht bis 03:00 Uhr fand ich schließlich ein wenig Ruhe und schlief ein bis zwei Stunden ein.
Im Laufe des Vormittags drehte der Wind auf Ost und schwächte sich spürbar ab, die Wellen betrugen lediglich noch ca. 1 m. Es wurde wieder sonnig und als wir um die Mittagszeit Texel passierten, schlief der Wind mit nur noch 2 bft. fast völlig ein, mit nur noch einem halben Meter Welle. Bei voll ausgerefftem Raumschotskurs machten wir nur noch knapp 2 Knoten Fahrt und da wir irgendwann ankommen wollten, schalteten wir schließlich wieder die Maschine zu. Nur 2 sm vor Ijmuiden frischte der Ostwind plötzlich wieder stark auf und wir rauschten bei 6 bft unter vollem Segelzeug in den Vorhafen von Ijmuiden.
Nach rund 30 Stunden Non-stop-segeln und 185,6 sm stehendem Rudergang (es gab zwar eine schöne Badeplattform, die außer Betrieb war, aber leider keine Bank!) sowie reichlich Wind und Welle, erreichten wir nach einem ereignisreichen, großen Schlag zwar sehr erschöpft, aber glücklich und zufrieden schließlich unseren lang ersehnten Liegeplatz in Ijmuiden und machten dort gegen 17:00 Uhr sicher fest – q.e.d.
Nach einem mehr als verdienten Anleger und heißer Dusche ließen wir den (kurzen) Abend in einer gemütlichen Hafenpizzeria ausklingen und die vergangenen Stunden revuepassieren – was für ein Erlebnis !

Viel Industrie am Nordseekanal, der teilweise 7 m höher als das Land ringsum ist

20. April 2014 (So)

Der verbleibende Teil des Törns sollte nur noch gemütlich-entspanntes Genusssegeln bringen. Gegen 11:00 Uhr legten wir schon wieder ab, passierten die Schleuse zum Nordseekanal und tuckerten gemütlich auf Amsterdam zu. In der Vorbeifahrt im wahrsten Sinne „Verkehr, wie auf dem Bahnhof“, überall Schiffe, Barken, Fähren wie im Bienenschwarm.

Begegnung mit der MS “Magnifica” (MSC) im Nordseekanal kurz vor Amsterdam
Im Kanal vor Amsterdam
Amsterdam
Was ist das wohl ?

Nach der Oranjeschleuse und einer Hebebrücke liefen wir schließlich ins Markermeer ein und erreichten am frühen Abend das traumhaft schöne Muiden (definitiv ein Geheimtipp!) mit einem alten, gestrandeten „Piratenschiff“ an der Hafeneinfahrt.

“Gestrandetes Piratenschiff” an der Hafeneinfahrt von Muiden
Muider Schloss direkt am Hafenkanal
Muiden – Hafen mit Schloss im Hintergrund. In Muiden liegt auch die NL-Plattboden-Staatsyacht “DE GROENE DRAECK”

21. April 2014 (Mo)

Der erste und einzige, graue (Niesel-) Regentag auf dem gesamten Törn. Bei schwachem N-NW-Wind, leichtem Sprühregen und diesiger Sicht kreuzten bzw. motorten wir auf Hoorn zu und machten dort am späten Nachmittag gegen 16:00 Uhr fest.

22. April 2014 (Di)

Die Sonne ist wieder da und bei mäßigem Wind machten wir ein paar Schläge in Richtung Den Oever und liefen schließlich am späten Nachmittag in den Yachthafen von Medemblik ein. Nachdem wir aufgrund der Osterschließungstage etwas ausgehungert waren, bunkerten wir noch einmal für die letzten beiden Tage und unsere gute Fee Uschi kredenzte erneut ein sehr leckeres Menu und ich sorgte gerne wieder mit knackig-frischen Salaten für die vegetarische Abrundung.

23. April 2014 (Mi)

Am letzten Tag unseres Segeltörns machten wir noch ein paar Schläge quer über das Ijsselmeer, um nach Passage der brandneuen, königlichen Johan-Friso-Schleuse letztmalig in Stavoren fest zu machen und das Schiff für die Rückgabe vorzubereiten.

24. April 2014 (Do)

Weiterfahrt nach Warns von 09:00 – 10:00 Uhr, mit anschließender Reinigung und Übergabe der Yacht um 12:00 Uhr. Ein ereignisreicher, spannender und aufregender Segeltörn war nach exakt 446,7 sm zu Ende.

Die Crew – Reiner, Hermann, Skipper Heinz, Uschi

SY “Malena”: Eine Bavaria 34 Cruiser aus 2008 mit 10,71 m Länge bzw. 9,20 m LWL und 1,85 m Tiefgang (http://www.tinus-yachtcharter.de/6.html).

Crew: Skipper Heinz Schäfer (SHS) und seine Frau Uschi von der Bonner Segelgemeinschaft sowie Hermann Schwarz von der Segeljungenschaft Nürnberg und ich selbst Reiner Eberle (SKU).

Route: Burgtiefe/Fehmarn – Kiel Holtenau – Burgstedt/NOK – Brunsbüttel – Cuxhaven – Helgoland – Ijmuiden – Muiden – Hoorn – Medemblik – Stavoren – Warns.

Zeitraum: 12. bis 24. April 2014