Kanada – Segeln im Land der Schwarzbären, Adler und Wale

Wir haben gerade unsere Segelyacht „Sainte Reine II“ am Schwimmsteiger des Toba Wildernest Resort festgemacht. Der Eigner der Steganlage, Kyle, begrüßt uns herzlich in der Einsamkeit. Außer seiner Frau, seiner kleinen Tochter und ihm wohnt hier keine Menschenseele.
Ein scharfes “Stopp” entfährt Kyle, als sich einer von uns vom Steg in Richtung Gebäude in Bewegung setzt, da vorne ist ein Schwarzbär !
Doch halt – wieso sind wir überhaupt gerade hier in der Einsamkeit gelandet ?

Nach zahlreichen Törns in Schottland, Norwegen und England stand uns der Sinn den kanadischen Westen zu erkunden. Zumindest einen kleinen Teil davon. Fasziniert von den Berichten über die Ursprünglichkeit der Natur waren wir ganz begeistert dabei Literatur und Internet zu studieren.
Nach intensiver Recherche wurde über Master Yachting bei Cooper Boating eine Dufour 365 gebucht. Für 4 Personen genau richtig.

Das Revier

Am 15.05.2015 geht es mit Air France von Düsseldorf und Stuttgart über Paris nach Vancouver.
Ein Großraumtaxi bringt uns flott vom Flughafen nach Granville Island, einer kleine Halbinsel inmitten der Großstadt Vancouver. An diesem wunderbaren Ort mit zahlreichen Souvenirläden und Märkten befindet sich die Basis von Cooper Boating. Wir werden freundlich begrüßt und richten uns auf der „Sainte Reine II“, unserem schwimmenden Heim für 2 Wochen, wohnlich ein. Anschließend geht es mit dem Taxi zum Großeinkauf in den Supermarkt.

Bei der Übergabe werden wir noch auf einige Besonderheiten des Reviers hingewiesen – segelt niemals nachts, hier treiben jede Menge Baumstämme im Wasser, beachtet die Engstellen im Norden, dort gibt es reißende Ströme mit bis zu 15 Knoten Geschwindigkeit und macht ordentlich Lärm im Wald damit Ihr nicht versehentlich über einen Bären stolpert.

Steht auch im Chartervertrag, zumindest, dass wir nachts nicht segeln dürfen. Ist für uns auch in Ordnung, da wir uns auf die Natur, Landschaft, die Tierwelt und das Meer freuen. Den Rest haben wir dank nautischer Literatur und Reiseführer ebenfalls schon abgespeichert. Gleichwohl wichtige Hinweise für die kommenden Segeltage sowie die Landausflüge.

Skyline von Vancouver

16.05.2015
Am nächsten Tag geht es gegen Mittag endlich los. Wir fahren unter der Burrard Bridge her und sehen an unserer Steuerbordseite die beeindruckende Skyline von Vancouver.

Vor uns liegen zahlreiche Megafrachtschiffe auf Reede

Bei schwachem Wind setzen wir Kurs ab auf den nahe gelegenen Howe Sound. Mittlerweile ist strahlender Sonnenschein. Wir tauchen gerade einmal 2 Stunden nachdem wir Großstadt Vancouver verlassen haben, in der kanadischen Natur ab. Wir segeln bei 3 Windstärken in dem landschaftlich ausgesprochen schönen Howe Sound, Rings um uns her bewaldete Inseln.

Howe Sound

Die Nacht verbringen wir in der Gibson Marina. Uns fallen sofort die in groben und unbehandelten Holz gezimmerten Steganlagen auf. Alles handwerklich solide aus heimischen Hölzern gefertigt. Wald gibt es hier wirklich im Überfluss.

17.05.2015
Es geht bei wenig Wind die Sunshine Coast nach Nordwesten zum kleinen Städtchen Powell River.

In der Westview Marina finden wir einen schönen Liegeplatz und erkunden den Ort. Wir genießen einen wunderschönen Sonnenuntergang.

18.05.2015
Heute wollen wir in die kanadische Einsamkeit, in den sagenhaften „Desolation Sound“. Laut Revierführer wird vorher in Lund ein letzter Zwischenstopp empfohlen um die Vorräte zu ergänzen.
Auf dem Weg nach Lund kommt uns ein Schlepper mit einem riesigen Holzfloss entgegen. Hunderte von großen Baumstämmen sind zusammengebunden und werden in ganz gemächlicher Fahrt die Küsten entlang gezogen. Einige „Passagiere“ haben es sich auf den Baumstämmen richtig gemütlich gemacht.

Floß mit Seehunden – oder sind es Robben ?

Wir wollen auf jeden Fall einmal die Anzeige unseres Dieseltanks überprüfen und nutzen gleichzeitig die Gelegenheit noch einige Kleinigkeiten in dem dortigen General Store einzukaufen.

Nun geht es weiter Richtung Desolation Sound. Wir segeln hindurch zwischen Festland und unbe- wohnten Inseln und tauchen in der kanadischen Wildnis ein.

Zahlreiche Robben ruhen sich im Sonnenschein am Rande eines Inselchens aus.

Wenig später stehen wir vor der Einfahrt zu Prideaux Haven. Nachdem wir die enge Einfahrt gemeistert haben öffnet sich ein wahrhaft wunderschöner Naturhafen für uns. Ganz einsam ist es hier jedoch nicht. Einige wenige Yachten liegen hier vor Anker.

Wir lassen unser Grundeisen auf einer Tiefe von 8 Meter fallen und bringen unsere 80 Meter Landleine mit dem Dinghi aus. Die Landleine wäre bei den wenigen Yachten nun wirklich nicht nötig. Im Sommer soll es hier jedoch sehr voll sein. Bei den angenehmen sommerlichen Temperaturen schwimmen wir jeder eine Runde um unsere ruhig vor Anker liegende Segelyacht. Nie hätten wir uns so etwas Mitte Mai träumen lassen. Wir genießen die wunderbare Ruhe und die traumhafte Landschaft.

19.05.2015
Anker auf – es geht weiter- Zahlreiche Buchten und Inseln gilt es hier noch zu erkunden. Zwischendurch laden erneut der tolle Sonnenschein und eine schön Brise zum Fotoshooting der Segelyacht ein. Der Skipper lässt sich im Beiboot aussetzen und fotografiert und filmt. Bei den Cassel Lake Falls machen wir halt und erkunden die nah gelegenen Cassel Lake.

Abends ankern wir in Squirrel Cove. Wieder liegen nur ganz wenige Boote mit uns in diesem ebenfalls grandiosen Naturhafen.

20.05.2015
Am nächsten Morgen verlassen wir die Bucht und steuern das gleichnamige Örtchen Squirrel Cove an. An dem einzigen Steiger machen wir fest und ergänzen die Vorräte im General Store.

Squirrel Cove

Heute erkunden wir im Laufe des Tages die Cortez Bay und Gorge Harbour. Beides ebenfalls gute und sichere Naturhäfen.
Am Nachmittag lichten wir den Anker und steuern auf die Uganda Passage zu. Eine Sandbank hat sich im Laufe der Jahre nur eine schmale schlangengleiche Passage zwischen den Inseln Cortez und Marina Island übrig gelassen. Dies gilt es genau zu treffen ansonsten ist ein auf Grund laufen vorprogrammiert. Wir navigieren sorgfältig und passieren die Sandbank ohne jede Grundberührung.

Anschließend runden wir den Norden von Marina Island und segeln Richtung Quadra Island dessen Südzipfel wir ebenfalls umfahren, um Richtung Nordnordwest nach Campbell River zu segeln. Noch läuft der Gezeitenstrom gegen uns. Wir passieren das Leuchtfeuer Cape Mudge.
Erst um 20.00 Uhr machen wir in Campbell River fest.

21.05.2015
Hafentag auf Vancouver Island. Albrecht hat bereits am Vortag einen Mietwagen gebucht mit dem es jetzt über die Insel geht. Wir schauen uns etwas im Strathcona Nationalpark um, bewundern die Myra Falls und fahren über Schotterpisten weiter nach Tahsis auf die Pazifikseite von Vancouver Island.

Dort entspannen wir uns bei Hamburger, einem Fläschen kanadischen Bier und wunderbarem Sonnenschein. Auf der Rückfahrt haben wir den einzigen Regenschauer in diesem Urlaub. Was wurden wir vorher vor dem häufigen Regen gewarnt. Offensichtlich haben wir dieses Jahr einfach Glück mit dem Wetter.

22.05.2015
Heute geht es erst am Nachmittag los. Als navigatorischen Höhepunkt wollen wir durch die Seymour Narrows genau eine Stunde bevor der Strom kentert. Offensichtlich haben wir gut gerechnet. Der mitlaufende Strom wird zusehends schwächer und ein kleines Frachtschiff macht sich auch gerade auf den Weg durch die Engstelle. Gänzlich unspektakulär segeln wir weiter bis zur Brown Bay. In den Narrows kann es bei Springtide bis zu 15 Knoten Strom geben. Dann besteht für eine Segelyacht und deren Besatzung akute Gefahr. Gegen den Strom geht nicht und mit dem Strom ist die Wahrscheinlichkeit ebenfalls sehr groß an einem der Felsen zu enden und Schiffbruch zu erleiden.

Bei Brown Bay wenden wir und segeln durch die Narrows zurück

Auf der Ostseite von Quadra Island ankern wir im Rebecca Spit Marine Park auf 8 – 10 Meter Wassertiefe und bereiten am Abend auf dem Bordgrill unsere saftigen Steaks zu.

23.05.2015
Wir verholen uns in die gleich um die Ecke liegende Heriot Bay und tanken zur Sicherheit noch mal einige Liter Diesel. Wir wollen noch einmal in die kanadische Einsamkeit. Heute haben wir Anglerglück und fangen einen ordentlichen Barsch.
In der Deer Passage schwimmt tatsächlich eine Hirschkuh von West Redanda nach Raza Island. Nach der Passage ändern wir den Kurs Richtung Osten und genießen tolle Segelstunden im Toba Inlet.

Am Nachmittag steuern wir das Toba Wildernest Resort an. In diesem tiefen Fjord die einzige sichere Übernachtungsmöglichkeit.
Wir werden sehr freundlich von Kyle und seiner kleinen Tochter empfangen. Bevor wir zu dem kleinen Blockhaus mit Toiletten und Duschen dürfen, verjagen die beiden erst einmal den Schwarzbären.

Auf keinen Fall füttern, werden wir gewarnt. Wenn sich das Tier an Menschen gewöhnen sollte, wird es erschossen. So ist das halt hier. Ein Bär im eigenen Haus ist vielleicht doch nicht optimal.

Kyle hat fast alles was es hier im Wildernest Resort gibt selber gebaut. Die Steganlage, die Blockhäuser, die Stromerzeugung und Wassergewinnung aus dem nahe gelegenen Wasserfall.

Die Familie lebt hier das ganz Jahr über in völliger Einsamkeit. Nach Campbell River benötigen sie mindestens ene Stunde mit ihrem Motorboot bei voller Gleitfahrt. Einkaufen gibt es also selten. Sie leben davon, zwei kleine Blockhäuser zu vermieten und von den Liegeplätzen für gelegentliche Besucher.

Unterrichtet wird die kleine Tochter von ihrer Mutter. Internet gibt es über Satelliten. Das nutzen wir auch gleich, um unseren Lieben Fotos vom Schwarzbären zu schicken.

24.05.2015
Morgens früh machen wir uns auf zum Wasserfall. Wir wollen uns anschauen wie die Wasserversorgung aus dem Wasserfall funktioniert. Der ursprünglich im Reiseführer beschriebene Weg ist nicht mehr passierbar. Im Winter ist ein großer Baum auf die kleine Brücker gefallen und hat diese zerstört. Kyle hat mit seiner kleinen Raupe einen kleinen Weg auf der anderen Seite des Wasserfalls im Dschungel geebnet.

Zumindest der Einstieg gestaltet sich recht einfach. Dann geht es doch nur noch auf einem kleinen Trampelpfad weiter. Richtig toll der Urwald links und rechts des Trampelpfads. Ohne Kyle wäre hier nach nur wenigen Jahren wieder alles Urwald und zugewachsen.

Nach unserer Wanderung segeln wir weiter in das Malaspina Inlet und anschließend nach Grace Harbour.

25.05.2015
Nun wollen wir weiter südlich noch einmal Vancouver Island anlaufen. Die Stadt Comox ist unser Ziel. Hier gilt es eine langgestreckte dem Land vorgelagerte Sandbank zu passieren. Lediglich eine kleine Passage erlaubt die sichere Durchfahrt. Durch die Baker Passage gelangen wir wieder auf die Strait of Georgia. Einige Stunden später passieren wir das Flach „Comox Barre“ und laufen alsbald in der Comox Public Wharf ein. Zahlreiche Seehunde schauen uns von einem Schwimmponton interessiert zu.

Harbour Air im Anflug

26.05.2015
Auf unserem Rückweg nach Südosten kreuzen wir erneut die Strait of Georgia und erkunden die unbewohnte Insel Jedediah.

Abends ankern wir in der kleinen Bucht der Insel Jedediah.

27.05.2015
Zum Abschluß unseres Törns wollen wir uns noch einen weiteren Höhepunkt der Reise gönnen. Die noch weiter südlich gelegenen Gulf Islands wollen wir ansteuern. Diese Inseln sind deutlich flacher jedoch gleichwohl alle bewaldet. Wir passieren die äussere Inselkette durch die Gabriola Passage und ankern in Pirates Cove.

Es wird ein richtig toller Landgang auf „De Courcy Island“. Abends sehen wir vom Beiboot aus noch einen Adler und Waschbären.

28.05.2015
Jetzt müssen wir wirklich Richtung Heimat. Am Vormittag überholen wir erneut ein Floß aus zahlreichen Baumstämmen. Diesmal wird es sogar von zwei Schleppern dirigiert und gezogen.

Wir segeln wieder zum Howe Sound und nutzen diesmal die Barfleur Passage um zwischen den Inseln abzutauchen und Ankern in der Helkett Bay. Wieder verführt uns das sagenhaft schöne Wetter eine Runde ums Schiff zu schwimmen. Die Nacht verbringen wir in der Mannion Bay vor Anker.

29.05.2015
Heute ist es nur noch ein kurzer Schlag zurück nach Vancouver vorbei an Pt. Atkinson Lighthouse.

Pt. Atkinson Lighthouse
Reede Vancouver

In Vancouver angekommen, machen wir noch einen Ausflug zu Fuß über Granville Island.

30.05.2015
Mit Air France geht es nach einem richtig tollen Segeltörn wieder zurück nach Deutschland. Wir haben viel erlebt, ganz viel Natur und eine beeindruckende Tierwelt. Den Schwarzbären hautnah, jede Menge Seerobben, Seelöwen, Adler, Waschbären und sogar in einiger Entfernung einmal einen Wal.

Die Crew (von links): Albrecht Ott – Eugen Schrödl – Wolfgang Schneider – Wolf Ortlinghaus