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interessante Seefahrt
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Zu den Scillys unterwegs.
Ausschnitt aus dem Reisebericht
'England - Rund' mit der
S.Y. Lady Alexa
von Hubert und Christa Czock
(© 1999).
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. . . Wir hatten heute
die erhoffte angenehme Reise, mit handiger Brise von Steuerbord querab,
dazu ruhige See und Sonne satt, und das bei einem Törn über ein
Zipfelchen des Atlantischen Ozeans (Keltische See). Die Highlights waren
Delphine und Seevögel, hier vor allem die Basstölpel, elegante und
schnelle Flieger mit gelben Hälsen und schwarzen Flügelspitzen.
Die walisische Festlandküste ist felsig und steil wie in Südengland,
aber aus dunklem, vielfach rötlich bis grünlichem Gestein. Bei
tiefstehender Abendsonne hatten wir herrliche Film- und Fotomotive.
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Milford Haven ist eine nach Süden offene, mehr als 10 Seemeilen
tiefe Bucht. Am Nordufer befindet sich der gleichnamige, tief innen gelegene
Fischereihafen und die Marina. Es gibt festliegende Schleusenzeiten, je nach
Tide, und sog. Freeflow-Times, bei denen man ohne Aufenthalt über das
Sill einlaufen kann.
Wir kamen bei Freeflow-Time an und konnten an einem komfortablen Stegplatz
in der Marina festmachen (endlich mal kein Päckchen !).
Wegen dem anhaltenden Südwind müssen wir einen Hafentag einlegen.
Der verging mit Basteleien, Passageplanung, Waschen, Relaxen und Small-Talks
mit den Besatzungen zweier norwegischer Weltumsegler-Yachten, kurz vor ihrem
Absprung über die Biskaya zu den Kanaren. Hier sahen wir auch die drei
Jungs wieder, die wir schon vom Moray Firth und dem Caledonian Canal kannten.
Die Wetterberichte sagten für den nächsten Tag rechtdrehende Winde
über Südwest nach West voraus.
Um diesen Wind zu nutzen, legen wir am folgenden Morgen, einem Sonntag, um 04.55
ab. Bei den starken Flutlichtlampen in Marina und Vorhafen haben wir den Dunst,
der über uns lag, kaum wahrgenommen. Aber als sich das seewärtige
Schleusentor gespenstisch knarrend langsam öffnet, haben wir die
Bescherung! Noch stockdunkel draußen und pottendicker Nebel über
der Milford Bucht. Nur zögerlich lösen wir unsere Leinen.
"Lady Alexa proceed, the lock is open!"
fordert uns der Lockmaster über Lautsprecher auf. 'Macht voran Leute!'
Ohne Radar hätten wir wohl in jedem Fall den Rückzug angetreten.
Aber auch mit Radar war es aufregend genug: Stockdunkel, Sichtweite um 30
. . . 40 m. Die Entscheidung sei gepriesen, den Bildschirm unter der
Sprayhood im Cockpit zu montieren. Hier kann das Radar vom Ruder aus gelesen
werden. Es verrichtet unbeirrt seinen Job und zeigt die schmale Schneise klar
erkennbar an, ebenso die Mooringlieger. Mit unglaublich grossem Vorhaltewinkel
durch die stark querlaufende Strömung schieben wir uns langsam und
vorsichtig ins Hauptfahrwasser.
Schon vor Erreichen des Middle Chanel
lichtete sich der Nebel und der Wind nahm merklich zu. Gegen 07.45 gehen wir unter
Vollzeug erstmal für rund vier Stunden auf Steuerbordbug auf Südwest-Kurs,
nach alter, bewährter Regattataktik, der neuen Windrichtung entgegen. Als dann
der Wind, wie angekündigt, immer mehr recht dreht, konnten wir die cornische
Küste auf BB-Bug locker anliegen.
So kam das hochaufragende Kap Pentire Point und damit die Padstow Bay rasch
näher. Die etwa zwei Seemeilen lange Einfahrt nach Padstow ist landschaftlich
überaus reizvoll. Hinter hellgelben Sandstränden erheben sich Hügel
mit Wäldern und Feldern und eingestreuten Siedlungen. Padstow Harbour
erreichen wir gegen Hochwasser.
Noch am Abend beschließen wir, morgen in aller Frühe wieder auszulaufen.
Eigentlich wollten wir ja noch einen Tag bleiben, um das malerische Padstow und
seine schöne Umgebung näher zu erkunden. Aber der nördliche Wind soll
nur noch für kurze Zeit anhalten und wir wollen unbedingt die Scillys
besuchen. Sie sind für uns so etwas wie die Galapagos für die richtigen
Blauwassersegler. |
Ein wunderbarer Sonnenaufgang bei fast wolkenlosem Himmel macht
uns den Abschied von Padstow noch etwas schwerer, verheißt
uns andererseits aber einen weiteren herrlichen Segeltag.
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Auf dem Weg zum Ausgang der Bay wird eifrig gefilmt, dann gehen die Segel raus.
Wiederum Segeln vom Feinsten! Verwöhnt vom sanften Atlantik wie wir sind, bemerken
wir auch die flacheren Stellen im Küstenbereich an der holprigen Chaussee.
Unglaublich aber wahr: Wassertiefen unter 30 m spürt man am veränderten
Seeverhalten des Schiffes. Die Karte vermerkt im Bereich der Cape Cornwall Bank
mit Wassertiefen um 25 m:
"Breaks in a strong gale!"
Erst bei Wassertiefen über 50 m werden wir wieder von der
gewohnt sanften Dünung getragen.
Über uns fast wolkenloser blauer Himmel. Nur entlang der cornischen Küste
steht eine ausgeprägte Kette von Cumuli. Wo sie im Südwesten abrupt
aufhört, vermuten wir Land's End, die Südwestecke des britischen Festlandes.
Noch vor dem Seven-Stones-Feuerschiff kommen die Isles of Scilly in Sicht,
während Kap Land's End in etwa 70°, ebenfalls noch gut sichtbar ist.
Die Navigation zum Peninnis Head nimmt den Skipper inzwischen voll
in Anspruch. Der starke NNE-Strom (Springzeit) erfordert wiederum einen
erheblichen Vorhaltewinkel. Nur nicht in Stromlee den Landfall machen!
Dann wäre nämlich hartes Motoren angesagt. In solchen Situationen
wird die Bordfrau immer leicht aufmüpfig. "Guck mal wo Du
hinfährst. Wollen wir nun zu den Scillys oder nicht?"
Verstehen kann man ja solche Klagen, wenn der Bug auf das
offene Meer weist und der Kurs die Inseln scheinbar meilenweit verfehlt.
Der Skipper hat die Sache aber im Griff. Geplottete Orte, zuletzt in
15-Minuten-Abständen, ergeben einen perfekten Landfall, knapp
östlich der Spanish Ledges.
Bei der Motorfahrt gegen den ablaufenden Strom durch den St. Mary's Sound
und die St. Mary's Road kann der Skipper die Kamera kaum aus der Hand legen.
Bald erblicken wir an Steuerbord den Ort und die kompakt liegenden Masten
im dicht gedrängten Bojenfeld vor Hugh Town.
Erleichterung, viele der grossen gelben Bojen mit dem schwarzen 'V', für
Visitors, sind noch frei. Der Skipper sucht bei langsamster Fahrt eine Tonne in
Lee aus, derweil die Bordfrau wie ein Harpunier mit dem Bootshaken im Bugkorb
steht. Auf ihr: "Ich hab sie ",
hechtet der Skipper nach vorne und zieht eine Hilfsleine durch den Kettenring
des Bojengeschirrs. Anschliessend wird in aller Ruhe das eigene Bojengeschirr,
zwei starke Tauenden und dazwischen zwei Meter eingespleisster 8 mm
Nirokette, durch den Ring der Bojenkette gefädelt und auf beiden Bugklampen
der 'Lady Alexa' belegt.
Wir sind da, auf diesen wundervollen und einsamen Inseln am äußersten
Westrand Europas. Aufklaren, dann den Anlegeschluck zur Belohnung.
Um es vorwegzunehmen, die Scillys (die Schreibweise
'Scillies' wäre grundfalsch, ja fast eine Beleidigung der Scillonians,
wie sich die Eingeborenen nennen), diese Scillys eben, sind mit Abstand
der Höhepunkt unserer diesjährigen Sommerreise.
Deshalb in Kurzform so viel: Die
'Isles of Scilly' bestehen aus fünf bewohnten
( St. Mary's, Tresco, Bryher, St. Agnes,
St. Martin's )
und über 50, nur von Seevögeln und Robben besetzten Inseln
und Inselchen.
Die Inselgruppe, auf einer Fläche von 7 x 13 Seemeilen verteilt, liegt etwa
28 Seemeilen westlich vom englischen Festland. Sie ist einer der größten
Schiffsfriedhöfe aller Ozeane, weil diese lose hingestreuten Granitklötze
am Westeingang des englischen Kanals, bei Stürmen und schlechter Sicht,
hunderte von Schiffen auf ihren Klippen zerschellen liessen. Wir haben die Hell
Bay (Höllenbucht) an der Nordwestküste von Bryher bei Flaute umwandert
und wir haben an den riesigen, frischen Küstenabbrüchen 20 oder 30 Meter
oberhalb des Wasserspiegels ablesen können, was sich hier bei einem
Sturm abspielt. . . . |
Der Auszug erfolgt mit
freundliche Genehmigung des Skippers. |
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