Nis Randers
 
  Krachen und Heulen und berstende Nacht,
Dunkel und Flammen in rasender Jagd -
Ein Schrei durch die Brandung!
 
Und brennt der Himmel, so sieht man's gut:
Ein Wrack auf der Sandbank !  Noch wiegt es die Flut;
Gleich holt sich's der Abgrund.
 
Nis Randers lugt - und ohne Hast
Spricht er:  "Da hängt noch ein Mann im Mast,
Wir müssen ihn holen."
 
Da fasst ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein !
Dich will ich behalten, du bliebst mir allein,
Ich will's deine Mutter !
 
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn;
Drei Jahre verschollen ist Uwe schon,
Mein Uwe, mein Uwe !".
 
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach !
Er weist nach dem Wrack und spricht gemach:
"Und seine Mutter ?"
 
Nun springt er ins Boot und mit ihm noch sechs:
Hohes, hartes Friesengewächs;
Schon sausen die Ruder.
 
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz !
Nun muss es zerschmettern ...!  Nein: es blieb ganz ! ...
Wie lange?  Wie lange ?
 
Mit feurigen Geisseln peitscht das Meer
Die menschenfressenden Rosse daher;
Sie schnauben und schäumen.
 
Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt !
Eins auf den Nacken des anderen springt
Mit stampfenden Hufen !
 
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt !
Was da ? - Ein Boot, das landwärts hält -
Sie sind es! Sie kommen ! -
 
Und Aug und Ohr ins Dunkel gespannt  ...
Still - ruft da nicht einer ? - Er schreit's durch die Hand:
"Sagt Mutter, 's ist Uwe !"
 
Otto Ernst, (1862 - 1926)     
 

 
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