Bericht:   Anlegen 'römisch-katholisch'.
 

 

Mit Buganker und Heckleinen.
 
Bei Mittelmeer-Segeltörns und erst recht bei SKS-Schulungstörns taucht immer wieder die Frage auf:  "Wie geht das eigentlich"?

 
Hier einmal der Versuch einer einfachen Zusammenfassung.
 


 

1.  Gute Vorbereitung  ist das halbe Anlegen.
 
Wichtig:  Jedes Crew-Mitglied sollte rechtzeitig wissen, was es zu tun hat.  Dadurch wird dem ganzen Manöver, das ja bei jedem Törn jeweils nur einige Male durchgeführt wird, die Hektik genommen.  Vieles läuft viel ruhiger ab.

  • Früh genug beidseitig Fender ausbringen. Da rückwärts angelegt werden soll, müssen ziemlich weit achtern natürlich welche sein. Die restlichen dann verteilen, wobei man den vorderen Schiffsteil vernachlässigen kann.  In jedem Fall sollte die Heckkante des Schiffes ebenfalls geschützt werden.
     

  • Achterleinen anbringen. Zu kurz dürfen sie nicht sein, aber auch nicht zu lang, das führt unweigerlich zu Problemen. Längen von 12 - 15 Metern sind in den meisten Fällen richtig. Noch zu beachten ist, daß die Leinen nicht durch den Heckkorb geführt werden !  Heckreling öffnen zum besseren Übersteigen (bei Badeplattform).
     

  • Ankerbedienung (Elektrik) klar machen bzw. nach draussen legen.
    Anker klarmachen und schon aussenbords hängen.
     

  • Rollen verteilen:
    Ankermann, grundsätzlich mit Schuhen und Handschuhen wegen der Verletzungsgefahr ! Auch muss er sich bei ausrauschender Kette schon mal draufstellen können.
    Heckleinenbedienung  an  Bb. und  Stb.
    Der Rest der Crew steht nicht im Weg oder Sichtfeld, sondern macht sich "unauffällig". Evtl. beidseitig einen Mann zur Korrektur der Fender bereit halten.
     

  • Die Vorbereitungen sind jetzt abgeschlossen.

 

2.  Auswahl des richtigen Platzes.
 
Vorab:   Lautstarke Diskussionen an Bord wirken unprofessionell.                  
 
Die Auswahl des Platzes ist allein Sache des Skippers
Wenn Sie denn die Wahl haben, können Ihnen hier die Tipps helfen, Probleme beim oder nach dem Anlegen zu vermeiden.  

  • Wenn Sie die Lücke gefunden haben, in die Sie einfahren wollen, prüfen Sie die Ankerketten der beiden Nachbarboote.  Gehen die Ketten exakt nach vorne ?
    Gehen alle Ketten zu einer Seite ? Das könnte ein Zeichen dafür sein, dass starker Seitenwind herrscht.
    Sind die Ketten der Nachbarboote straff gespannt ?  Wenn ja, ist alles ok. Wenn nicht, besteht die Gefahr, dass bei Seitenwind das Boot mit der lockeren Kette sich auf Ihr Boot legt und drückt . . .
     

  • Ist der Kai beschriftet oder farbig markiert ?  Wenn ja, besteht die Möglichkeit, dass Sie später wieder wegmüssen.
     

  • Jetzt müssen Sie die sichtbaren Ketten Ihrer Nachbarschiffe peilen.
    Liegen die Ketten Ihrer Nachbarschiffe parallel oder streben gar auseinander, dann haben Sie gute Karten. Sie müssen Ihren Anker nur dazwischen plazieren. Es wird dann höchst selten zu Kettensalat kommen.
    Streben die Ketten Ihrer Nachbarschiffe aber zueinander, sieht es sehr schlecht aus. Der Ärger am nächsten Morgen ist vorprogrammiert.  Wenn Sie die Wahl haben, legen Sie an diesem Platz nicht an.


 

3.  Einfahren in den Liegeplatz.
 
Laute und hektische Kommandos sind in dieser Phase völlig fehl am Platz.
 
Der Ankermann steht am Bug, hat die Fernbedienung in der Hand und hat den Blick nur (!) auf den Skipper / Rudergänger gerichtet.

  • Manövrieren Sie nun das Schiff in eine Position, die möglichst 100 Meter in der Senkrechten zum Verlauf des Kais liegt.
     

  • Stellen Sie das Schiff etwas schräg (Schraubeneffekt!).
    Rückwärts Gas geben. Der Schraubeneffekt zieht nun das Schiff in die richtige Richtung. Wenn nicht, haben Sie noch etwas Strecke, um das Schiff in die richtige Fahrtrichtung zu bringen. Das war der Sinn des etwas größeren Abstands !
     

  • Jetzt muss der Skipper festlegen, wann er den Anker werfen will.
    Das hängt von Wassertiefe und Ankergrund ab. Ich habe mir angewöhnt, jedesmal fast die gesamte Kette zu legen (50 - 60 m). Das ist beruhigend.
     

  • Der Skipper gibt per (vorher verabredetem) Handzeichen das Kommando zum Ankerwerfen.  Wieviel Fahrt man rückwärts macht, hängt von der Stärke des Seitenwindes ab. Je mehr Wind von der Seite, desto mehr Fahrt muss im Schiff sein.
     

  • Jetzt kommt es auch auf den Ankermann an, ob das Manöver gelingt.  Bremst er die Kette zu stark ab (beim Einfahren des Ankers) und das Schiff kommt zum Stillstand, wird die Sache wieder problematisch, weil dann wieder der Schraubeneffekt bzw. Seitenwind zur Wirkung kommt. Wichtig ist aber auch, dass nicht zu viel Kette gegeben wird, dann bildet sich nämlich eine Kettenhaufen am Hafengrund. Bei kleineren Schiffen kann man die Kette gut mit der Hand (nätürlich mit Arbeitshandschuhen) abbremsen.


 

4.  Das Anlegen.
 
Am Kai angekommen, müssen einige Dinge gleichzeitig passieren:

  • Der Rudergänger geht etwa 3 Meter vor dem Kai in den Leerlauf und bremst das Schiff etwa 2 Meter vor dem Kai sanft ab, so dass die Festmacher geworfen werden oder die Crewmitglieder an Land können.
     
  • Damit das Schiff nicht wieder von der Spannung der Kette vom Kai weggezogen wird, gibt der Ankermann noch 2 - 3 Meter mehr Kette und stellt dann die Nuss fest.
     

  • Nun können die Leinen an Bord zurück geführt und belegt werden. Ist eine Rückführung an Bord nicht möglich, sollten die Festmacher an Land auf Slip belegt werden, damit ein Loswerfen auch unter Spannung möglich ist.
     

  • In dieser Zeit ist der Rudergänger damit beschäftigt das Schiff auf der Stelle zu halten, um zu verhindern, dass das Heck den Kai berührt. Gleichzeitig muss er die Arbeit der Festmacher im Auge behalten.
     

  • Erst jetzt, wenn die Achterleinen auf die richtige Länge eingestellt und belegt sind, holt der Ankermann die Kette auf Spannung. Gut ist es, wenn an Bord eine sogenannte "Teufelskralle" ist, die man an der Kette einpicken und auf einer Klampe belegen kann. So nimmt man die enorme Spannung von der Nuss der Ankerwinsch.

In dieser Situation kommt es immer wieder vor, dass von Land "gute Ratschläge" erteilt werden. Die Crew sollte vom Skipper vorher instruiert werden, solche Anweisungen zu ignorieren und nur die Anordnungen des Skippers umzusetzen !


 

5.  Variante mit Heckleine zum Ufer.
 
Hier noch die Variante mit der Heckleine nicht an einem Steg sondern an Land (an einem Felsen, vorhandenen Ring oder Poller, nicht aber an einem Baum).
 
Nicht die am Schiff befestigte oder gehaltene Leine mit dem Beiboot oder gar schwimmend zum Ufer ziehen.
Viel einfacher ist es, die ganze Leine zum Ufer zu rudern, anzubinden und auszulegen, während die Yacht eine oder zwei Warteschleifen dreht. Der Anker fällt erst dann, wenn das Dingi mit der Leine an der Übergabeposition ankommt. Ist die Leine am Heck fest, kann die Ankerkette durchgeholt werden.
Jetzt nach dem (hoffentlich) gelungenen Manöver kann an einen  'Anleger'  gedacht werden.

 

 
schließen M. Baxmann vorne