SKU,   Segelkameradschaft Unterbacher See e.V.,  Duesseldorf
Törnbericht:    Überführungstörn 2006
 

 
27.03 - 06.04.2006
 
Elburg
  - Ijsselmeer
    - Helgoland  
      - NOK  
        - Dänische Südsee  
          - Heiligenhafen  
 

 
 Bilder-Galerie
 
 
Bavaria 38 Holiday - Paulchens Bruder
Bavaria 38 Holiday - Paulchens Bruder 

 
Törnbericht
von Wolf Ortlinghaus 
Fotos von:  
Dietmar Halfmann und Wolf Ortlinghaus

 
Letzte Vorbereitungen in Elburg
 Letzte Vorbereitungen in Elburg
  

27.03.2006
Heute soll nun endlich für uns die Segelsaison anfangen. Der Auftrag lautet Paulchens Bruder, eine Bavaria 38, von Elburg in den Niederlanden nach Heiligenhafen in die Ostsee zu segeln. Paulchens Bruder wurde seit 1997 erfolgreich durch Yachtcharter Ulrich Mittler von Lelystad aus vermietet und wird in dieser Segelsaison von dem Unternehmen PCO - Privat Charter Ostsee GmbH angeboten.

 
Süd-West 7 in Böen bis 9, Schauerböen, Seegang 3,5 Meter, mäßige Sicht, Höchsttemperaturen um 5° C verkündet der Deutsche Wetterdienst für die ersten Tage unseres Törns. Die Windrichtung stimmt, der Regen bräuchte natürlich nicht zu sein und 1 bis 2 Windstärken weniger wären für uns zu Begin sicherlich auch in Ordnung.
 
Erst einmal heißt es für uns am Montagmorgen mit dem Auto nach Elburg in das Winterlager von Paulchens Bruder zu fahren. Gegen 11.00 Uhr treffen wir ein. Jürgen erwartet uns schon. Diesel und Wassertanks sind gefüllt. Die Vorräte für 10 Tage ebenfalls sorgfältig verstaut.

Schnell bringen wir unsere Taschen unter Deck. Aufgrund der Wetterlage tauschen wir die Genua gegen die Arbeitsfock, ebenfalls ein Rollsegel. Und schon geht es los. Nach gut 40 Minuten Fahrzeit geht es durch die Roggebotsluis. Wir sind das einzige Schiff und werden sofort geschleust. Wenig später sind wir im Ketelmeer und setzen Segel. Bei 5 bis 6 Windstärken binden wir direkt das zweite Reff ein und nehmen die Fock dazu. Ab und zu ein kleiner Regenschauer ansonsten auch vereinzelt mal etwas Sonne. Also doch optimales Segelwetter. Um 15.30 Uhr passieren wir die Ketelbrug. Auch hier werden wir zügig durchgelassen. Noch einmal ziehen wir die Segel hoch um dann etwas später in Urk fest zu machen.
 
Wir erkunden das malerische Fischerdorf Urk und stärken uns bei frischen Fisch!

 
28.03.2006
Ziel ist Den Oever im Nordwesten des Ijsselmeers. Der Wetterbericht verspricht wieder Wind aus Süd West, für die Nordsee in Sturmstärke.
Paulchens Bruder kämpft sich über das aufgewühlte Ijsselmeer. Auch heute haben wir wieder erstaunlich gutes Wetter. Meistens scheint die Sonne. Mittlerweile bläst der Wind konstant mit 7 Windstärken, in Böen sogar mit einer Geschwindigkeit von mehr als 35 Knoten. Selbst bei Halbwind wird das Seitendeck bei den Böen teilweise heftig unter Wasser gedrückt. Nach knapp 4 Stunden auf dem Wasser sind wir schon wieder fest in Den Oever, ein Schnitt von gut 7 Knoten!
Der Hafenmeister kann gar nicht glauben, dass wir bei diesem Wetter segeln. Als er erfährt, dass wir morgen nach Helgoland wollen schüttelt er nur den Kopf. Wie auch in Urk können wir in diesem Hafen kein Wasser bunkern. Die Saison hat halt noch nicht angefangen. Nach dem Mittagessen erkundet ein Teil der Crew das etwa 6 Km entfernte Örtchen Den Oever. Auf dem Deich bläst der Wind mit Sturmstärke. Es ist richtig anstrengend gegen den Wind anzumarschieren. Immer noch scheint die Sonne. Bis auf die Temperaturen von ca. 6° C haben wir schon fast frühlingshaftes Wetter.

 
Unser Funkgerät scheint nicht zu funktionieren. So werden noch einmal alle Kabelverbindungen geprüft. Nach einigem Suchen ist der Fehler gefunden - nach dem Maststellen wurden offensichtlich zwei Kabel vertauscht. Schnell noch ein Test - wir funken die Stevinsluis an und erkundigen uns nach den Öffnungszeiten. Hurra, der Schleusenwärter antwortet umgehend, dass die Schleuse den ganzen Tag bedient wird. Das Funkgerät funktioniert und wir fühlen uns nun doch deutlich besser für den Schlag über die Nordsee gewappnet.
 
 

29.03.2006
Deutsche Bucht SSW 6, auf WNW 6 bis 7 drehend, später abnehmend auf 4 bis 5, die weiteren Aussichten bis zum 30.03.2006, 12.00 Uhr: SSE 5 bis 6. Die Windrichtung stimmt und so laufen wir frohgemut mit Ziel Helgoland aus. Um 10.00 Uhr passieren wir die Stevinsluis - jetzt sind wir endlich auf dem weiten Meer.

   Tonne M15 - im Molengat gen Norden Tonne M15 - im Molengat gen Norden 

 
Na ja fast. Erst einmal gilt es im engen Fahrwasser zu bleiben. Wir laufen unter Maschine, da der Wind genau von Vorne kommt. Der Strom schiebt mit und so baut sich eine kurz, steile Welle auf.
Wenig später können wir Segel setzen und kreuzen gegen den westlichen Wind zwischen Texel und Den Helder. Um 12.26 Uhr gehen wir auf NNW-lichem Kurs zwischen dem Tonnenpaar MG 15 und MG 16 durch und befinden uns jetzt im Molengat zwischen Texel und Noorderhaaks. Jetzt geht es hinaus auf die offene Nordsee.
 
Geplant ist es solange wie möglich entlang den Wattenmeerinseln innerhalb der Küstenverkehrszone zu bleiben und erst kurz vor Helgoland das Verkehrstrennungsgebiet zu queren. Wenig später erfahren wir über Funk im Rahmen einer Securité Meldung, dass bei Terschelling vor der Küste 35 Container treiben, vermutlich bei dem gestrigen Sturm über Bord gegangen. Die blöden Dinger treiben genau in der Östlich gehenden Lane des VTGs und der Küstenverkehrszone.
Plan B wird umgesetzt. Wir queren das VTG Terschelling- German Bight und segeln nun nördlich davon Richtung Helgoland. Der Wind aus West geht gegen 19.00 Uhr auf 3 Beaufort zurück. Zuwenig um bei der Welle noch zu segeln. Also Segel runter und weiter unter Maschine.

 

Um 22.00 Uhr können wir unter Segeln unsere Reise fortsetzen. Genau richtig für die Nacht. Jürgen, Mike und Reinhard haben die Wache von 22.00 bis 02.00 Uhr. Der Himmel ist sternenklar, am Horizont ist jedoch schon wieder die nächste Front in Sicht. Kein Wunder bei der Anzahl der Tiefdruckgebiete, die im Wetterbericht erwähnt wurden. In der Ferne sehen wir immer wieder große Frachtschiffe. Wir halten uns deutlich vom VTG fern und so kommt uns keines in die Quere.
 

   Sonnenuntergang auf der Nordsee
  Sonnenuntergang auf der Nordsee 

In den frühen Morgenstunden setzt Regen ein. Bei 5°C Lufttemperatur und nur 3°C Wassertemperatur ist es lausig kalt. Selbst im Schlafsack ist es ohne Heizung recht kühl.
Der Wind hat wie versprochen auf Süd Ost gedreht und bläst mit 5 bis 6 Windstärken. Die Sicht ist mäßig und so kommt Helgoland erst kurz vor der Ansteuerung in Sicht.  

 
Blick auf den Hafen von Helgoland
Blick auf den Hafen von Helgoland  
  

Im Vorhafen bergen wir die Segel und machen um 13.00 Uhr nach knapp 180 Seemeilen und 28 Stunden auf See längsseits im Südhafen am Schwimmsteiger fest. Den Rest des Tages verbringen wir mit Spazierengehen. Anschließend gönnen wir uns die erste Dusche auf diesem Törn. Auch hier gelingt es uns leider nicht Wasser zu bunkern. Zum Glück ist der zweite Tank noch komplett voll.

Außer uns liegen auf Helgoland die Brigg Roald Amundsen ebenfalls auf dem Weg in die Ostsee, sowie eine Motoryacht aus Norwegen und eine weitere Segelyacht aus Deutschland. Noch hat scheinbar die Segelsaison auf der Nordsee nicht angefangen. Die Roald Amundsen ist offensichtlich auf ihrem Törn vom Atlantik in sehr schweres Wetter gekommen. Crewmitglieder berichten von 8 Meter Seegang. Im Vergleich dazu haben wir bisher richtig friedliches Wetter gehabt.

31.03.2006 
Um 08.50 Uhr werfen wir bereits die Leinen los. Unser Ziel Brunsbüttel, die Schleuse zum Nord-Ostsee-Kanal. Wir müssen rechtzeitig die Elbmündung erreichen um das auflaufende Wasser zu nutzen. Der Wind bläst nun wieder aus Südwest mit der Stärke 6. Paulchens Bruder segelt bei 2 Reffs im Groß und vollständig ausgerollter Arbeitsfock mit 8 Knoten Fahrt durchs Wasser. Schon bald haben wir die Elbmündung erreicht und der Flutstrom schiebt kräftig mit. Teilweise machen wir deutlich mehr als 10 Knoten über Grund.
An unserer Steuerbordseite haben wir jetzt die Inseln Scharhörn und Neuwerk. Einige große Frachter laufen mit uns in die Elbe ein, andere kommen uns entgegen. Es gibt also genug zu sehen. Um 14.45 Uhr stehen wir vor dem Schleusenkomplex Brunsbüttel. Die 54 Seemeilen haben wir in knapp 6 Stunden zurückgelegt. Ein Durchschnittsgeschwindigkeit von 9 Knoten über Grund!. Nach einem kurzen Funkgespräch mit Kiel Kanal werden wir angewiesen in die "Alten Schleusen" einzulaufen. Bereits um 15.10 Uhr machen wir an der Tankstelle hinter der Schleuse fest. Neben Diesel können wir hier jetzt auch endlich Wasser in unsere Tanks laufen lassen. In Brunsbüttel ergänzen wir unsere Vorräte. Abends wird wieder ausführlich diniert.
 
01.04.2006
Heute ist nun der Nord-Ostseekanal angesagt. Bei wenig Wind und zeitweise Nieselregen motoren wir so vor uns hin. Zahlreiche Hochseeschiffe kommen uns entgegen. Da die Höchstgeschwindigkeit für alle Fahrzeuge auf dem NOK auf 8 Knoten begrenzt ist, wird auch von den "Großen" kein Schwell verursacht. Alles verläuft ganz friedlich. Gegen 17.00 Uhr passieren wir die Schleuse Kiel Holtenau und befinden uns nun schon auf der Ostsee. Schnell setzen wir die Segel und stecken Kurs auf Laboe ab. Um 18.10 Uhr machen wir in Laboe fest. Nach einem Spaziergang zum Marine Ehrenmal bereitet uns Dietmar ein leckeres Abendessen, Spaghetti Carbonara dazu Rotwein und diverse von Reinhard gemixte Cocktails. Um 24.00 Uhr stoßen wir mit Prosecco auf Mikes 40. Geburtstag an.
 
02.04.2006
Zeitig legen wir bei Sonnenschein und Wind aus SSW der Stärke 4 bis 5 ab. Der Wind nimmt kontinuierlich ab und so beschließen wir um 10.45 Uhr unsere Fahrt unter Maschine fortzusetzen. Zunehmend zieht erneut Bewölkung auf. Zeitweise regnet es und wieder haben wir maximale Temperaturen von 5°C! Das Ostseewasser ist nur 3° C warm. Um 16.30 Uhr machen wir in Søby, unserem heutigen Tagesziel fest. Wasser gibt es an den Stegen natürlich nicht, dafür gibt es Duschen für 5 Dänische Kronen. Nach einem Besuch in der Dorfschenke und einem Bier verfügen wir über die entsprechenden Kronenstücke.
 
 

Seegebiet und Route
Seegebiet und Reiseroute  


 
03.04.2006
Es regnet - keiner hat so recht Lust aufzustehen. So kommt es, dass wir erst nach 10.00 Uhr ablegen und in Richtung Svendborg segeln. Um 14.00 Uhr legen wir in Svendborg an und erstehen im Hafen 4 Schollen. Nach einer kurzen Pause geht es weiter. Um 17.45 Uhr machen wir in Yachthafen von Lohals fest. Der Hafenmeister heißt uns herzlich Willkommen und teilt uns mit, dass die Sanitäreinrichtungen leider noch nicht geöffnet sind. Dafür brauchen wir auch keine Geld für den Liegeplatz bezahlen.
 
04.04.2006
Wir verholen Paulchens Bruder in den Fischerhafen von Lohals. Hier kann uns der Hafenmeister Trinkwasser für unsere Tanks zur Verfügung stellen. Dann geht es los rund Langeland. Bei schwachen Winden müssen wir leider immer mal wieder den Diesel bemühen um voran zu kommen. Zwischendurch gelingen uns ab und zu einige Meilen unter Segeln. Bei immer noch niedrigen Temperaturen genießen wir einen regenfreien Tag. Um 16.20 Uhr machen wir nach gut 40 Meilen in Bagenkop fest.

 
Das Team
Die Crew  

 
05.04.2006
Unser letzter Segeltag bricht an. Der DWD geht von W6, abnehmend NW 4 bis 5 für die Westliche Ostsee aus. Optimale Bedingungen für unser Ziel Heiligenhafen. Wir laufen bereits um 08.45 Uhr aus. Sicherheitshalber setzen wir bereits im Vorhafen von Bagenkop das Groß um uns die Turnerei im Seegang zu ersparen. Mit zweifach gerefften Groß und der Arbeitsfock geht es los über die Ostsee. Um 09.30 Uhr kommen wir in den Genuss von einem kurzen Schneeschauer. Das erste Mal auf diesem Törn! Um 12.45 Uhr bergen wir bei der Tonne Heiligenhafen 1 die Segel und legen erst einmal bei der Tankstelle an. 48 Liter Diesel füllt uns der freundliche Hafenwärter in den Tank. Insgesamt haben wir auf dem Törn etwas mehr als 100 Liter Diesel für Heizung und Maschine verbraucht.
Nach nun insgesamt 518 Seemeilen machen wir Paulchens Bruder in seiner neuen Box fest.
 
Alles hat hervorragend geklappt. Schiff und Crew sind dank sorgfältiger Vorbereitung und guter Seemannschaft wohlbehalten am Ziel angekommen.
 
Am Abend lassen wir bei ausgezeichnetem Essen im nahe gelegenen Restaurant Weinigel`s Fährhaus einen schönen Frühjahrstörn ausklingen.

 

 
Revier Informationen

Das Revier
 
Ein Törn von West nach Ost ist aufgrund der häufigen westlichen Winde relativ einfach. Insbesondere im Frühjahr und Herbst ist jedoch die Anzahl der Tage mit Starkwind oder Sturm recht hoch. Erschwerend kommen die niedrigen Temperaturen hinzu. Crew und Schiff sollten unbedingt entsprechend vorbereitet sein. Soll es schnell gehen bietet sich ein langer Schlag von Holland bis Helgoland bzw. Cuxhaven an. Unbedingt zu beachten sind die teilweise sehr stark setzenden Gezeitenströme in den Seegats und Flußmündungen.
Bei auflandigem Starkwind bzw. Sturm kann ein Passieren der Seegats unmöglich sein. Einzig Molen- und Schulpengat bei Texel sind selbst bei sehr starken Winden sicher schiffbar.
Besondere Aufmerksamkeit ist der Berufsschiffahrt und den Verkehrstrennungsgebieten zu widmen. Die VTGs sind zügig zu queren, ansonsten sollte man sich soweit wie möglich rechts in den Fahrwassern halten.
 

 
 
Seekarten & Stromatlanten
 
INT 140  Übersegler Nordsee 1:1.500.000
NL 1811  Waddenzee West
NL 1810  Ijsselmeer
D 3015  Ostfriesische Inseln
D 3014  Helgoländer Bucht
NOK 1/2  Nord-Ostsee Kanal
NV 1  Kieler Bucht, Rund um Fünen
NV 2  Lübecker Bucht, Bornholm
Stroomatlas Waddenzee, West
Stromatlas Deutsche Nordseeküste und Elbe
N.V. Hafenlotse Kieler Bucht
Gezeitenkalender Hoch- und Niedrigwasserzeiten für die Deutsche Bucht und deren Flussgebiete
 

Der Kartensatz 3015 für die Ostfriesischen Inseln ist nur notwendig, wenn man vor hat diese Anzulaufen. Alternativ reicht auch ein entsprechender Übersegler. Die NV 2 wurde bei unserem Törn nur für die Ansteuerung von Heiligenhafen benötigt. Die INT 140 ist als Planungskarte für die Nordsee sehr zu empfehlen und kann ggf. auch als Übersegler genutzt werden.
 
Literatur
 
Titel: Revierführer Nordsee
Busse Seewald, DSV-Verlag
Als Ergänzung zu den Seekarten brauchbar aber nicht unbedingt notwendig.
 

 
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