Bericht: Jollensegeln auf dem Atlantik (2004)  
 

 

Juni 2004
 
2 Wochen Urlaub im Ferienhaus meines Kollegen Tycho in Frankreich in der Nähe von Les Sables d'Olonnes. Faulenzen, Bücher lesen, am Strand liegen, Baden und natürlich die exzellente französische Küche geniessen.  Kein Segeln !
 
Wirklich gar kein Segeln?  Inge hat großzügigerweise zu einem Tag Segeln ihr ok gegeben. In Port Bourgenay erkundigen wir uns bei Loc'Atlantique einem Vercharterer von Motorbooten und Segelyachten. Hier hatten wir bereits vor 2 Jahren eine Beneteau First 210 für einen Tagesausflug gemietet. Leider hat Loc'Atlantique bis auf eine Sun Kiss DL mit einer Länge von 14 Metern nur noch Motorboote. Die Sun Kiss ist für uns beide zu groß und natürlich zu teuer. Ein Motorboot kommt nicht in Frage.
 
Open570 Open570

Bei unserem ersten Ausflug nach Les Sables d'Olonnes fällt uns in der Capitanerie von Port Olona der Prospekt von Aventure et Voile (Abenteuer und Segeln) in die Hände. Charles Weiss bietet Ausbildung und Ausflüge auf offenen Booten vom Typ Open570 an. Diese sehen auf den Fotos wie Jollen aus. Ich rufe an und wir verabreden uns für Samstag 14.00 Uhr.          
 
Mit uns erscheinen noch einige andere Segelinteressierte. Charles erkundigt sich nach unseren Segelerfahrungen und teilt die Crews ein. Wir sind zusammen mit Jean-Jacques auf einem Boot. JJ wie Jean-Jacques auch genannt wird, ist 53 Jahre und Kieferchirug. Er ist vor einigen Jahren mit seiner Familie von Paris nach Les Sables gezogen. JJ nutzt in seiner Freizeit jede Möglichkeit zum Segeln und hatte schon mehrfach das Vergnügen die Open570 von Charles zu segeln.  
 
Wir bekommen Schwimmwesten. Ölzeug haben wir zufällig unser eigenes dabei und laufen bepackt mit Großsegel und Spi zur Steganlage. Dort liegen neben einem Zodiak drei Open570 für uns bereit. "Den Spi braucht Ihr erst einmal nicht anzuschlagen", meint Charles. "Ist zu viel Wind" bekomme ich auf meine Nachfrage als Antwort.
 
Kaum an Bord beeindruckt uns die außergewöhnliche Stabilität des Bootes. Obwohl wir wenig auf die Balance achten, liegt unsere Open570 absolut ruhig am Steg. Nach dem Anschlagen des Großsegels werden alle drei Boote mit Schleppleinen verbunden und an das Zodiak gebunden. Los geht's - Charles zieht uns mit seinem 75 PS Außenborder durch den Hafen. Im Kanal von Les Sables bläst es bereits recht kräftig. Zwischen den Molenköpfen empfängt uns dann auch schon eine ordentliche Welle.

 
Charles hält uns mit seinem Zodiak im Wind damit wir in Ruhe das Großsegel setzen können. Wir bekommen noch kurz einige Tipps und dann dürfen wir endlich los. Großschot dicht und wir nehmen Fahrt auf. JJ setzt die Rollfock und unser Boot rennt los.  
Wir verlassen den Schutz der Hafenanlage und merken erst jetzt, was für einen Wind wir haben. Unsere Open570 beschleunigt hoch am Wind zu einem irren Speed. Wir fliegen nur so übers Wasser. So manch eine Welle findet dann auch ihren Weg ins Schiff. Dank des offenen Spiegels ist das Wasser genauso schnell wieder außenbords.
 

Im Schlepp
 Nach drei Stunden im Schlepp zurück

 
Wir haben alle Hände voll zu tun unseren Open570 zu bändigen. Nach der Wende geht es Raumschots weiter. Wir ziehen gelassen an so manch einer Segelyacht vorbei. Die Yachten haben schon alle mindestens das erste Reff eingebunden. Wir fieren da nur etwas die Großschot. Reffen geht auf so einem Boot halt nicht. Auf einer anderen Open570er hat ein Crewmitglied leider heftig mit Seekrankheit zu kämpfen. Dort wird schon die Pütz intensiv für Reinigungsarbeiten eingesetzt.
 
JJ und Inge haben bei den heutigen Wind- und Seegangsverhältnissen keine Lust die Pinne zu bedienen. So darf ich mich weiter im Steuern dieses überaus agilen Sportgeräts üben. Es ist beeindruckend wie sicher ein Open570 auch bei Welle und viel Wind segelt.
 
Nach drei Stunden gibt Charles das Zeichen zur Rückkehr. Die Zeit ist im wahrsten Sinne des Wortes wie im Fluge vergangen. So tief sind wir noch nie über das Wasser geflogen. Nacheinander bergen wir die Segel und stellen die Leinenverbindung zum Schlauchboot her. Jetzt geht es unter Motorkraft wieder heimwärts.
 
So etwas verdient eine Wiederholung. Bereits am Montag rufe ich noch einmal bei Aventure & Voile an und verabrede mich für Mittwoch. Inge will derweil lieber Einkaufen gehen. Am Mittwoch erscheint außer mir nur noch JJ. Da er Arzt ist hat er am Mittwoch immer frei. Da wir heute nur zu dritt sind genügt ein Boot. Charles befestigt am Spiegel des Open570 einen Außenborder und schon geht es los.
 
JJ steuert die Open570 durch den Hafen während Charles und ich die Segel anschlagen. Heute wollen wir auf jeden Fall den Spi setzen. Der Wind ist deutlich schwächer als beim letzten Mal. Charles an Bord zu haben ist genial. Er gibt uns viele Tipps wie wir mit einem Open570 optimal segeln. Nach einem langen Schlag hoch am Wind wenden wir und fallen ab auf einen Raumschot Kurs. Jetzt wird der Spi gesetzt und es geht so richtig los. Es ist beeindruckend welches Geschwindigkeitspotential dieses Schiff auch bei etwas weniger Wind hat. Nachdem wir uns etwas eingesegelt haben, übt Charles mit uns die Manöver bis zur Perfektion.            
 
 Mit Blister  
unterwegs
Im Schlepp

Fazit: Die Open570 ist ein wirklich tolles Schiff, einfach zu segeln, bei einer hohen Kentersicherheit mit einem sehr hohen Geschwindigkeitspotential. Wer mal in Les Sables d'Olonnes ist, sollte sich das Vergnügen gönnen und mit Charles segeln gehen !            
 

Wolf Ortlinghaus 
 

 
Technische Daten der Open 570:
 
   Länge
Breite
Tiefgang
 
Gewicht
    5,70 m
2,55 m
0,34/1,40/1,75 m
 
450 kg
 
     Großsegel
Fock
Spi (Blister)
 
Ballast
    18 m²
  8 m²
32 m²
 
180 kg
   
Konstrukteur Group Finot http://www.open570.org
 

 
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