erstellt von:  M. Baxmann
 
 
interessante  Seefahrt 
 

 
Die  Schiffe  der  Wikinger  
 
 Ausschnitt aus  "Bildteppich von Bayeux"
 

Die Wikinger hatten bereits in karolingischer Zeit einen hohen Reifegrad in ihrer Schiffbaukunst erreicht. An den klinkergebauten, mit Kiel und Mast ausgerüsteten kombinierten Ruder- und Segelbooten, die sich als Luxus-, Handels- und Kriegsfahrzeuge gleich gut bewährten, war danach kaum noch etwas zu verbessern.

    In ihrer Weiterentwicklung sind lediglich drei Tendenzen festzustellen:
       -   die der ständigen handwerklichen Verbesserung,
       -   der Trend zur Grösse, der immer dann auftritt, wenn die eigentlichen
            technischen Probleme gelöst sind,
       -   und der Zug zu stärkerer Differenzierung der Typen.

 

 
Die Kriegs- oder Langschiffe:

Die Schniggen sind schmale, wieselflinke Schiffe mit etwa zwanzig Doppel-Ruderern, die bis zu hundert Mann Besatzung aufnehmen konnten.
 
Die Skeidhs, in der Regel mit fünfundzwanzig Ruderbänken, die fast ebenso schnell und schmächtig wie die Schniggen waren, sich von diesen aber durch höhere Steven und bessere Ausstattung unterschieden.
 
Die Drachenschiffe (auch Draken oder Drakkare genannt), mit Drachenköpfen und mindestens dreissig Ruderbänken versehen, hoben sie sich von den kleineren Kriegsschiffen durch grössere Breite, höhere Bordwände und möglicherweise durch eine aufwendigere Besegelung ab.

Alle Kriegs- oder Langschiffe hatten eine Reihe gemeinsamer Eigenschaften. Sie schlossen vorn und hinten spitz ab, und die meist S-förmig aufgebogenen Steven kurvten hoch über die mittlere Schiffshöhe hinaus.

Diese Wikingischen Kriegsschiffe waren zu ihrer Zeit ohne Konkurrenz. Mit ihrem geringen Tiefgang und aufgebogenen Kiel konnten sie an jedem flachen Strand landen und auf Flüssen tief ins Landesinnere gelangen. Hohe Geschwindigkeit und Wendigkeit machten Überraschungsangriffe möglich, die trotz der leichten Fahrzeuge mit relativ grosser Truppenstärke geführt werden konnten, weil die Krieger selber ruderten, so dass kein Platz für nicht kämpfende Mannschaft benötigt wurde.

Der Mangel der nordischen Kriegsschiffe:  sie waren für Hochseefahrten kaum geeignet. Die wikingischen Draken erreichten zwar mühelos die westeuropäischen und mittel-meerischen Küsten und selbst Schottland und die Orkneys, für den Nordatlantik aber waren sie zu leicht.

 



 
Die Frachter und Kauffahrer:

Als Hochseeschiffe waren die Knorren und Byrdinge den Kriegsschiffen bei weitem überlegen.

Das um 800 entstandene Gokstad-Schiff hatte noch keine eindeutige Aufgabe. Es liess sich als Kriegsschiff verwenden und "konnte zugleich so viel Ladung an Bord nehmen, dass deren Transport über See genügend Gewinn brachte".

Spätestens um die Jahrtausendwende war die Entwicklung spezieller Kauffahrer jedoch abgeschlossen. Sie wurden zwar nach dem gleichen Schema gebaut, wiesen jedoch wichtige Unterschiede auf. Sie lagen tiefer im Wasser, ritten also nicht wie die Schniggen, Skeidhs und Drakkare über die Wellen hinweg. Ausserdem waren sie kürzer, breiter und fülliger. Ihre Spanten und Planken wurden nicht verschnürt, sondern durch Nägel fest miteinander verbunden. Ein starres Gerüst ersetzte das halbstarre Skelett der Kriegsschiffe. Was das Boot dabei an Elastizität verlor, gewann es an Kraft und Seetüchtigkeit.

Auch das Äussere veränderte sich. Handelsschiffe hatten ein höheres Freibord als die niederbordigen Langschiffe. Ausserdem wurden die Bordwände vorn und achtern um einige Plankengänge erhöht.

Schriftliche Quellen nennen verschiedene Typen. Doch reicht weder das überlieferte Bildmaterial noch das archäologische Fundmaterial aus, sie genau zu identifizieren.

Das besondere Kennzeichen der Knorren war ihre bauchige Rundlichkeit. Sie waren etwa fünfzehn bis achtzehn Meter lang und vier bis fünf Meter breit. Sie fassten bis zu fünfzig Mann, wurden normalerweise aber mit fünfzehn Mann gefahren. Ihr Rauminhalt betrug etwa vierzig Tonnen.

Die Byrdinge wurden in der Regel im Küstendienst verwendet, sind aber auch als Islandfahrer belegt. Sie ähnelten den Knorren, waren aber kleiner als diese und wurden nur mit etwa zehn Mann gefahren. Eine andere Variation war der Ostseeknorr, der meistgebaute schwedische Frachtertyp, den zeitgenössische Quellen als ein Schiff mit 13 Spanten und 3 Querbalken beschrieb, was einer Länge von etwas über dreizehn Meter entspricht.

  Die Daten stammen aus:  Pörtner,  "Die Wikinger Saga",  ECON-Verlag.
 

 

In Etappen - von Norwegen über die Färöer nach Island, von dort nach Grönland und schließlich nach Amerika - überquerten die Wikinger die beängstigende Weite des Nordatlantiks. Nur im Vertrauen auf ihr eigenes seemänisches Können und auf die Zuverlässigkeit ihrer kleinen Schiffe wagten sie ihr Leben und brachten die an Gefahren reiche Strecke von fast 5000 Kilometern hinter sich.
 
Was die Sagas über die Abenteuer in Amerika oder Vinland, wie Leif es nannte, berichten, ist dunkel, lückenhaft und oft sehr übertrieben. Wohin genau fuhren die Wikinger? Wie lange blieben sie? Was machten sie, und warum fuhren sie wieder fort? Jede Frage ist ein Teilchen eines aufreibenden Puzzles. Ebenso verwirrend ist das plötzliche und immer noch ungeklärte Verschwinden der Wikinger aus Grönland. Sie verließen eines Tages die Siedlungen, an denen sie so lange hartnäckig festgehalten hatten.
 
Aber was auch immer die unmittelbaren Ursachen im einzelnen gewesen sein mögen, der Rückzug der Nordmänner aus Vinland und dann der aus Grönland waren Erscheinungen eines bitteren Verfallsprozesses, der das Ende der großen Wikingerzeit einleitete. Der Ruhm der Wikinger als Siedler verblaßte in den Sagas schnell; aber auch als Krieger, jenes "kühne, grimmige und durch und durch heidnische Volk", so das irische Klagelied, wurden sie nach und nach gebändigt und von den Völkern, die sie in Ost und West unterworfen hatten, assimiliert. Sogar als Händler mußten die Wikinger mächtigeren und klügeren Rivalen weichen.
 
Und wenngleich sie an Schönheit bis in die heutige Zeit unübertroffen blieben, so verschwanden der Knorr und das Langschiff der Wikinger doch von den Meeren, als die Schiffbaumeister anderer Nationen größere und nützlichere Schiffe entwickelten.
 

 

 
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