Der "Panama-Skandal", in den auch zahlreiche Politiker
verwickelt waren, entwickelte sich zu einem politischen
Korruptionsskandal größten Ausmaßes.
In dieser Stunde, in der das Schicksal des Projektes nach den Plänen Lesseps
besiegelt schien, griffen die Vereinigten Staaten von Amerika ein. Zunächst
entsandten sie 1899 eine Kommission zur Untersuchung der weiteren Möglichkeiten
und erwarben bald darauf von den Liquidatoren der Panamagesellschaft für
40 Millionen Dollar alle Rechte am Kanalbau einschliesslich der schon
erstellten Anlagen.
Die Verhandlungen mit Kolumbien stiessen aber wegen der übertriebenen
Forderungen dieses Staates auf Schwierigkeiten. Wieder einmal schien der
Kanalbau in Frage gestellt. Die Amerikaner fanden einen Ausweg, indem sie
die schon länger währende revolutionäre Stimmung der Provinz Panama gegen
Kolumbien unterstützten. Die Revolution und die folgende Loslösung führte
dann schnell zum Ziel. Die USA erkannten die 1903 gebildete neue Republik
Panama sehr schnell an und schlossen 1904 einen Vertrag mit ihr, wonach
gegen eine einmalige Zahlung von 10 Millionen Dollar den USA alle Hoheitsrechte
über die Kanalzone für ewige Zeiten abgetreten wurden. Diese Zone bestand
aus einem 8 km breiten Streifen zu beiden Seiten des Kanals, mit Ausnahme
der Städte Colon und Panama.
Der amerikanische Ingenieur und Oberst Goethals übernahm die Leitung
des Baus. Er packte das Übel gleich von der richtigen Seite an und
bemühte sich vor allem, die Gesundheitsverhältnisse zu verbessern.
Alle Seen und Tümpel wurden mit Petroleum übergossen, damit die
Brut der gefährlichen Fiebermücken, die man inzwischen als
Krankheitserreger erkannt hatte, vernichtet wurden. Sümpfe wurden
trocken gelegt und der Dschungel gelichtet. Bald schien die Kanalzone so
gesund, wie ein feuchtes Tropenland überhaupt sein kann.
Erst jetzt gingen die Ingenieure an die Lösung der technischen Aufgaben. Das
Kanalbett wurde an eine neue und vorteilhaftere Stelle verlegt und schliesslich,
im Gegensatz zu Lesseps Plan, bei Gatun an der atlantischen Seite und
Miraflores auf der pazifischen Seite mit drei Doppelschleusen
versehen. Doch ständig ergeben sich neue Schwierigkeiten und wiederholt
erleidet der Bau Verzögerungen durch grosse Erdrutsche, die eine Verlegung
der ursprünglichen Schleusenanlagen erfordern.
Zu allem Unglück bricht 1905 eine neue Gelbfieberepidemie aus, welche die
Arbeiterschaft derartig demoralisiert, dass nur neue umfassende hygienische
Massnahmen und der Bau von Krankenhäusern die Weiterarbeit sicherstellte.
Wieder geht eine ganze Arbeiterarmee mit Hochdruck an die Arbeit und 1908 ist
die Zahl der bei der Kanalgesellschaft Beschäftigten auf 45 000
gestiegen. Neben den eigentlichen Kanalbauten wird von vornherein die Errichtung
stärkster Befestigungen vorgesehen, denn im Gegensatz zum Suezkanal, der
von einer Privatgesellschaft betrieben, durch internationale Verträge
neutralisiert, erkennen die USA die strategischen Vorteile, aber auch die
Gefahren, die mit dem Besitz des Panamakanals verbunden sind.
Endlich, am 15. August 1914 ist es soweit: der 81,6 km lange, 12,5 bis
13,7 m tiefe und 91 bis 300 m breite Kanal, der auch von grösseren
Schiffen befahren werden kann, wird inoffiziell eröffnet. Die Weltschifffahrt
aber muss noch bis zum Jahre 1920 warten, ehe sie diesen Wasserweg benutzen konnte,
der den Weg von Hamburg nach San Franzisko um 13000 km, den von New York nach
San Franzisko sogar um 19000 km verkürzte. Fast 400 Millionen Dollar
steckten die Amerikaner in das Projekt, das eine neue Epoche in der Geschichte
der Weltschifffahrt einleitete.
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Über sechs Doppelschleusen werden heute die Ozeanriesen über den
Landrücken der Kordilleren gehoben, denn der Höhenunterschied zwischen
den Wassern des Atlantischen und Stillen Ozeans beträgt 10 m und auf
der Landenge muss eine Scheitelhöhe von 26 m überwunden werden.
Heute können die Schiffe, vorbei an riesigen Strecken versunkenen Urwaldes,
innerhalb acht Stunden von einem Meer zum anderen ziehen und ersparen sich dadurch
die gefürchtete monatelange Sturmfahrt um die Eisregionen des Kap Horn.
Diese 8 Stunden haben entsetzliche Opfer gefordert. Heute ist das Gelbfieber zur
Legende geworden. Auf der ganzen Fahrt durch den Panamakanal bekommt man kaum ein
Moskito zu Gesicht. Die Fieberhölle hat sich in ein künstliches
Tropenparadies verwandelt und die Passagiere der komfortablen Ozeanriesen denken
wohl kaum noch an die unsagbaren Opfer und Tragödien, mit denen diese
technische Großtat unserer Zeit erkauft wurde.
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