erstellt von:  M. Baxmann
 
 
interessante  Seefahrt
 

 
Der Panamakanal
 
Technische Großtat nach 33-jährigem Kampf vollendet.

Der  "Panama-Skandal",  in den auch zahlreiche Politiker verwickelt waren, entwickelte sich zu einem politischen Korruptionsskandal größten Ausmaßes.
 
In dieser Stunde, in der das Schicksal des Projektes nach den Plänen Lesseps besiegelt schien, griffen die Vereinigten Staaten von Amerika ein. Zunächst entsandten sie 1899 eine Kommission zur Untersuchung der weiteren Möglichkeiten und erwarben bald darauf von den Liquidatoren der Panamagesellschaft für 40 Millionen Dollar alle Rechte am Kanalbau einschliesslich der schon erstellten Anlagen.
 
Die Verhandlungen mit Kolumbien stiessen aber wegen der übertriebenen Forderungen dieses Staates auf Schwierigkeiten. Wieder einmal schien der Kanalbau in Frage gestellt. Die Amerikaner fanden einen Ausweg, indem sie die schon länger währende revolutionäre Stimmung der Provinz Panama gegen Kolumbien unterstützten. Die Revolution und die folgende Loslösung führte dann schnell zum Ziel. Die USA erkannten die 1903 gebildete neue Republik Panama sehr schnell an und schlossen 1904 einen Vertrag mit ihr, wonach gegen eine einmalige Zahlung von 10 Millionen Dollar den USA alle Hoheitsrechte über die Kanalzone für ewige Zeiten abgetreten wurden. Diese Zone bestand aus einem 8 km breiten Streifen zu beiden Seiten des Kanals, mit Ausnahme der Städte Colon und Panama.
 
Der amerikanische Ingenieur und Oberst Goethals übernahm die Leitung des Baus. Er packte das Übel gleich von der richtigen Seite an und bemühte sich vor allem, die Gesundheitsverhältnisse zu verbessern. Alle Seen und Tümpel wurden mit Petroleum übergossen, damit die Brut der gefährlichen Fiebermücken, die man inzwischen als Krankheitserreger erkannt hatte, vernichtet wurden. Sümpfe wurden trocken gelegt und der Dschungel gelichtet. Bald schien die Kanalzone so gesund, wie ein feuchtes Tropenland überhaupt sein kann.
 
Erst jetzt gingen die Ingenieure an die Lösung der technischen Aufgaben. Das Kanalbett wurde an eine neue und vorteilhaftere Stelle verlegt und schliesslich, im Gegensatz zu Lesseps Plan, bei Gatun an der atlantischen Seite und Miraflores auf der pazifischen Seite mit drei Doppelschleusen versehen. Doch ständig ergeben sich neue Schwierigkeiten und wiederholt erleidet der Bau Verzögerungen durch grosse Erdrutsche, die eine Verlegung der ursprünglichen Schleusenanlagen erfordern.
 
Zu allem Unglück bricht 1905 eine neue Gelbfieberepidemie aus, welche die Arbeiterschaft derartig demoralisiert, dass nur neue umfassende hygienische Massnahmen und der Bau von Krankenhäusern die Weiterarbeit sicherstellte. Wieder geht eine ganze Arbeiterarmee mit Hochdruck an die Arbeit und 1908 ist die Zahl der bei der Kanalgesellschaft Beschäftigten auf 45 000 gestiegen. Neben den eigentlichen Kanalbauten wird von vornherein die Errichtung stärkster Befestigungen vorgesehen, denn im Gegensatz zum Suezkanal, der von einer Privatgesellschaft betrieben, durch internationale Verträge neutralisiert, erkennen die USA die strategischen Vorteile, aber auch die Gefahren, die mit dem Besitz des Panamakanals verbunden sind.
 
Endlich, am 15. August 1914 ist es soweit: der 81,6 km lange, 12,5 bis 13,7 m tiefe und 91 bis 300 m breite Kanal, der auch von grösseren Schiffen befahren werden kann, wird inoffiziell eröffnet. Die Weltschifffahrt aber muss noch bis zum Jahre 1920 warten, ehe sie diesen Wasserweg benutzen konnte, der den Weg von Hamburg nach San Franzisko um 13000 km, den von New York nach San Franzisko sogar um 19000 km verkürzte. Fast 400 Millionen Dollar steckten die Amerikaner in das Projekt, das eine neue Epoche in der Geschichte der Weltschifffahrt einleitete.
 

 
Über sechs Doppelschleusen werden heute die Ozeanriesen über den Landrücken der Kordilleren gehoben, denn der Höhenunterschied zwischen den Wassern des Atlantischen und Stillen Ozeans beträgt 10 m und auf der Landenge muss eine Scheitelhöhe von 26 m überwunden werden. Heute können die Schiffe, vorbei an riesigen Strecken versunkenen Urwaldes, innerhalb acht Stunden von einem Meer zum anderen ziehen und ersparen sich dadurch die gefürchtete monatelange Sturmfahrt um die Eisregionen des Kap Horn.
 
Diese 8 Stunden haben entsetzliche Opfer gefordert. Heute ist das Gelbfieber zur Legende geworden. Auf der ganzen Fahrt durch den Panamakanal bekommt man kaum ein Moskito zu Gesicht. Die Fieberhölle hat sich in ein künstliches Tropenparadies verwandelt und die Passagiere der komfortablen Ozeanriesen denken wohl kaum noch an die unsagbaren Opfer und Tragödien, mit denen diese technische Großtat unserer Zeit erkauft wurde.
 


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