Seit Menschen in unmittelbarer Nachbarschaft mit der See leben,
haben sie sich bemüht, Schutzwälle vor dem Ansturm der Fluten zu errichten. Deshalb
blickt der Deichbau an der Nordseeküste auf eine uralte Tradition zurück, die ersten
Deiche entstanden bereits 1000 n. Chr. |
Heute wie früher sind die Menschen hinter den Deichen nicht ganz vor Sturmfluten sicher.
Bei der schweren Marcellusflut 1362 ertranken rund 100.000 Menschen, und noch 1962
waren es einige hundert. Allein in Niedersachsen brachen die Deiche an 61 Stellen.
Wie früher die Deiche - noch von Hand - gebaut wurden, berichtete schon 1754 der
Jeverländische Deich- und Sielrichter Albert Brahms:
Deichbau war nur im Sommerhalbjahr
möglich, weil nur dann keine Sturmflut zu erwarten und der Deichboden verarbeitbar
war. Dazu mußten von weit her mehr als 1000 Arbeitskräfte, die sogenannten Koyer,
an die Küste geholt werden. Sie kampierten nahe der Deichbaustelle in primitiven
Hütten. In Marketenderzelten erhielten sie Brot, Speck, Bier und Branntwein zur
Verpflegung. Die Arbeitszeit betrug täglich 12 bis 14 Stunden.
Der schwere Kleiboden wurde aus sogenannten Pütten gegraben, auf Karren geladen und
über Holzbohlen zur Deichbaustelle geschoben. Neun bis 12 Koyer stellten einen Ploog,
eine Püttmannschaft, die sich unter der Leitung eines Püttmeisters um ein Deichpfand,
eine Strecke von 30 Metern bewarben. Die Wochenarbeitszeit betrug sechseinhalb
Tage. Pro Tag konnte ein Ploog ungefähr 45 Kubikmeter Boden aus der Pütt in den
Deich schaffen. Für einen drei Kilometer langen Deich haben damals 1000 Mann bei
einer Arbeitszeit von 80 Stunden pro Woche 400.000 Kubikmeter Kleiboden gewonnen,
transportiert und eingebaut. Das entspricht ungefähr 8 Mio. Karren.
Heute wird diese Arbeit von wenigen qualifizierten Arbeitskräften mit schweren
Baumaschinen in wesentlich kürzerer Zeit durchgeführt. Heute liegt die Bauleistung
eines Deichbauarbeiters 70 bis 100 Mal höher wie zu Zeiten von Sielrichter Albert
Brahms. |