Die Inselgruppe der Kykladen im griechischen Teil der
Ägäis liegt mitten im Einflussbereich des Meltemi.
Der Meltemi oder Etesienwind bläst besonders stark in den
Monaten Juli bis September.
Der Wind, der durch das Luftdruckgefälle zwischen einem umfangreichen
Hitzetief über Südwestasien und der Türkei und dem stabilen
Ausläufer eines Azorenhochs über dem zentralen Mittelmeer
hervorgerufen wird, kommt in der Nordägäis vorwiegend aus
Nordost und in der Zentral- und Südägäis aus Nord. |
Er beginnt in der Regel während der späten Vormittagsstunden,
erreicht gegen Nachmittag seinen Höhepunkt mit 5 bis 6, zuweilen auch 7
bis 8 Beaufort und flaut gegen Abend wieder ab. Am schwächsten weht der
Meltemi immer einige Stunden vor Sonnenaufgang. Das ist dann die beste
Zeit, um aufzubrechen, wenn man in nördliche Richtungen segeln will.
Sollte der Wind jedoch auch nachts unvermindert stark blasen, so hat
man es mit einem lebendigen Meltemi zu tun. Es ist dann ratsam, einen oder
mehrere Tage im Hafen zu verbringen.
Beim Segeln in Inselnähe muss man auf Fallwinde gefasst sein. Sie treten
gewöhnlich auf der Leeseite auf, insbesondere von Inseln mit hohen
Gebirgskämmen. Zum Ankern sind die blanken Nordseiten der Inseln
bei Meltemi ohne Frage unbrauchbar. Es baut sich dort durch Reflexionen der
Wellen an der Küste hoher Seegang mit Kreuzseen auf. Auch die Ost- und
Westseiten der Inseln sind nicht immer so geschützt, wie es auf der
Seekarte den Anschein hat, weil an den Flanken hoher Küsten der Wind
verstärkt wird (Kap-Effekt) und in bestimmten Fällen durchaus
Sturmstärke erreichen kann.
Die Südseiten der Inseln bieten dank der Abdeckung den besten Zugang
zu den Ankerplätzen. Das gilt besonders für tief eingeschnittene
Buchten, deren Flanken den Schwell abfangen. Aber auch in der scheinbar
ruhigsten Bucht ist man vor Fallböen nicht absolut sicher.
Da die Böen erheblich von der Meltemi-Richtung abweichen können,
sollte der Ankerplatz in jedem Fall genug Raum zum Schwojen bieten.
Fallwinde kündigen sich durch unscheinbare Wolkenbildung über
dem höchsten Inselgipfel schon im voraus an. Berüchtigt
für ihre Fallböen sind die Inseln Kea, Andros, Tinos, Ios,
Pholegandros und die Inseln zwischen Naxos und Amorgos.
Bei Meltemi ist ein Törnverlauf im Uhrzeigersinn praktikabel.
Der Kurs könnte z.B. von einer Insel im Nordwesten der Kykladen
(Kea) zunächst östlich (Syros, Mikonos, Paros, Naxos),
dann zu den südlich gelegenen Inseln (Ios, Sikinos, Pholegandros,
Milos) und zum Ende der Reise wieder nach Norden führen.
Wenn der Meltemi im letzten Törndrittel im Bereich der westlichen Inseln
(Sifnos, Serifos, Kithnos) allzu stark gegenan bläst, kann man mit
einem weiten Schlag nach Nordwesten durch das ruhigere Myrthoische Meer zur
Ostküste des Peloponnes segeln, auf der Insel Hydra übernachten und
dann unter moderateren Wind- und Seegangsbedingungen durch den Saronischen
Golf wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Das bedeutet mehr Meilen,
ist aber günstiger, als mit Nordkurs durch den westlichen
Kykladenarchipel gegen den Meltemi anzuknüppeln. |